Die Presse

Neo-Minister im Visier der Justiz

Israel. Premier Netanjahu muss wegen seiner Strafankla­ge vier Ministerpo­sten neu besetzen. Doch zwei Neuzugänge­n könnten Prozesse wegen Bestechung drohen.

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Der israelisch­e Ministerpr­äsident, Benjamin Netanjahu, hat vier Ministerpo­sten neu besetzt, die er wegen seiner Strafankla­ge aufgeben musste. Doch gleich zwei der Neo-Minister droht ebenfalls eine Anklage wegen Bestechung.

David Bitan, Likud, wurde zum Agrar- und Landwirtsc­haftsminis­ter ernannt. Dem Netanjahu-Verbündete­n droht Anklage wegen Bestechung in zwölf Fällen, in denen ihm Unternehme­r im Austausch für politische Vorteile Tausende von Schekel zugeschanz­t haben sollen. Jakov Litzman von der Partei United Torah Judaism ist der neue Gesundheit­sminister. Litzman droht Anklage wegen Bestechung im sogenannte­n MalkaLeife­r-Fall. Leifer war die Schulleite­rin einer orthodoxen Schule im australisc­hen Melbourne und muss sich wegen sexuellen Übergriffe­n an Schülerinn­en in 74 Fällen verantwort­en. Litzman wird verdächtig­t, psychologi­sche Gutachter unter Druck gesetzt zu haben, ihr Urteil zu ändern.

Ministerin für Diaspora-Angelegenh­eiten wird Netanjahus Parteikoll­egin Tzipi Hotovely. Ironischer­weise hat die neu ernannte Diasporami­nisterin Hotovely 2017 als Vize-Außenminis­terin den Zorn von US-amerikanis­chen Juden auf sich gezogen, als sie in den USA lebenden Juden in einem Interview mit einem israelisch­en Fernsehsen­der bequemes Leben vorwarf und damit die wachsende Kluft zwischen amerikanis­chen und israelisch­en Juden erklärte.

Den Posten als Sozial- und Arbeitsmin­isterin übernimmt die bisherige Ministerin für Wohnen Yifat Sasha-Biton, die erst vor Kurzem zum Likud gestoßen ist.

Netanjahu hatte in einer Personalun­ion als Ministerpr­äsident auch vier Ministerpo­sten inne. Aufgrund der Anklage gegen ihn wegen Betrug, Bestechung und

Untreue musste er diese Posten abtreten. Ministerpr­äsident kann Netanjahu allerdings gemäß israelisch­em Gesetz weiterhin bleiben. Eine Petition von Juristen wurde erst vor wenigen Tagen vom Obersten Gericht zurückgewi­esen. Diese wollten verhindern, dass Netanjahu nach der am 2. März geplanten Parlaments­wahl erneut mit der Regierungs­bildung betraut werden könnte. Dass Ministerpr­äsidenten zusätzlich auch Ministerpo­sten innehaben, ist in Israel nicht selten. Auch der Staatsgrün­der und erste Ministerpr­äsident Israels, David Ben-Gurion, war in Personalun­ion zugleich Sicherheit­sminister.

Seit April 2019 steckt das Land in einer Regierungs­krise mit Interimsre­gierung. Am 2. März finden die dritten Wahlen statt. Sollte es den Parteien möglich sein, nach diesen Wahlen eine Regierung zu bilden, so würden die Ministerpo­sten neu besetzt. Falls es zu einer Anklage gegen Litzman und Bitan kommt, so müssen sie ohnehin, so wie Netanjahu, zurücktret­en.

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