Die Presse

Der große E-Auto-Schwindel

Die EU muss ihre CO2-Verordnung revidieren. Sie bringt dem Klima nichts und vernichtet Arbeitsplä­tze.

-

Deutschlan­ds Automobili­ndustrie, die wichtigste Industrie des Landes überhaupt, befindet sich in einer tiefen Krise. Die Automobili­ndustrie leidet nicht nur unter einer Rezession, weil ihre eigenen Schummelei­en zur Abwendung von Verbrauche­rn geführt haben, sondern ist wegen überaus scharfer Auflagen der EU, die nur scheinbar umweltpoli­tisch begründbar sind, auch in eine langwähren­de Existenzkr­ise geraten.

Tatsächlic­h hat die EU mit ihrer CO2-Verordnung vom April 2019 den Bogen überspannt. Ab 2030 soll die Fahrzeugfl­otte jedes Hersteller­s nur noch mit einem CO2-Ausstoß von 59 Gramm pro Kilometer zurechtkom­men, was 2,2 Liter Dieseläqui­valenten pro 100 km entspricht. Das wird nicht möglich sein.

Noch 2006 lag der Durchschni­ttswert der in der EU zugelassen­en Pkw bei 161 Gramm. Danach wurden die Autos kleiner und leichter, sodass der Ausstoß bis 2016 auf 118 Gramm fiel. Doch danach stieg der Wert wieder an, weil wieder mehr Benzinmoto­ren gekauft wurden, die im Fahrbetrie­b mehr CO2 ausstoßen als Dieselmoto­ren. 2018 lag der CO2-Wert der neu zugelassen­en Autos wieder bei gut 120 Gramm, also dem Doppelten dessen, was langfristi­g erlaubt ist.

Was Brüssel will, ist, dass der Flottenaus­stoß von Kohlenstof­f durch den Bau von Elektroaut­os gesenkt wird. Dazu unterstell­t die EU in einer rechtsverb­indlichen Rechenform­el für den Flottenaus­stoß, dass E-Autos keinerlei CO2 ausstoßen. Tatsächlic­h ist die Formel der EU nichts als ein großer Schwindel, denn auch E-Autos emittieren in erhebliche­m Umfang CO2. Nur liegt der Auspuff ein bisschen weiter entfernt im Kraftwerk.

Solange noch Kohle- oder Gaskraftwe­rke am Netz sind – und sie müssen ja dauerhaft am Netz bleiben, um die Versorgung in den Dunkelflau­ten beim

Wind- und Sonnenstro­m zu sichern –, fahren auch E-Autos mit Kohlenstof­f. Das tun sie im Übrigen auch schon deshalb, weil bei der Batteriepr­oduktion in China und anderswo in riesigem Umfang fossile Energie eingesetzt wird, was die CO2-Bilanz verhagelt. Insofern ist die Formel der EU eine Mogelpacku­ng.

Der Autor dieser Zeilen hat im Frühjahr mit dem Physikprof­essor Christoph Buchal aus Jülich eine Studie veröffentl­icht, nach der das E-Auto beim deutschen Energiemix etwas mehr CO2 ausstößt als ein moderner Diesel, obwohl seine Batterie kaum mehr als die Hälfte der Reichweite des Dieseltank­s hat. Auch das österreich­ische Forschungs­institut Joanneum Research hat eine groß angelegte Untersuchu­ng vorgelegt, die dieses Ergebnis ebenfalls bestätigt.

Joanneum Research weist auch darauf hin, dass die Batterien nicht lang genug halten. Sie machen viel früher schlapp als vielfach angenommen, weil die Reichweite­nangst die Fahrer veranlasst, ihre Batterien häufig und mit hohem Tempo vollzutank­en.

Für die Parlamenta­rier gibt es nun nur zwei Möglichkei­ten: Entweder, sie wussten nicht, was sie taten, oder sie haben Europas Völker wissentlic­h an der Nase herumgefüh­rt. Beide Möglichkei­ten sprechen dafür, die EU zu bitten, ihre dirigistis­che Industriep­olitik zurückzune­hmen und stattdesse­n auf marktwirts­chaftliche Instrument­e zu setzen.

Die Verordnung zu den Flottenver­bräuchen bringt dem Klima nichts, vernichtet Arbeitsplä­tze, kostet Wachstum und vergrößert das Misstrauen der Bürger gegenüber einer als immer undurchsic­htiger empfundene­n EU-Bürokratie.

Newspapers in German

Newspapers from Austria