Iran plant „Angriff“
Teheran droht mit baldiger Vergeltung gegen die USA und entwickelt Angriffsszenarien. Dutzende Menschen wurden beim Begräbnis von General Soleimani zu Tode getrampelt.
Große Sorge, Deeskalation, diplomatische Lösung: Der Satzbaukasten, aus dem europäische Politiker ihre Stellungnahmen zur jüngsten Verschärfung des Konflikts zwischen den USA und dem Iran zusammenstellen, ist seit Langem im Einsatz. Ob es um den Krieg zwischen der islamistischen Palästinenserorganisation Hamas und Israel geht, die von Saudiarabien geführten Angriffe auf Jemen oder das Säbelrasseln zwischen Teheran und Riad: Stets haben die Europäer wortreiche Mahnungen an die Wahrung der Gewaltlosigkeit parat, ebenso Aufforderungen zur Rückkehr an den Verhandlungstisch und auch Belehrungen über die Bedeutung der Einhaltung vereinbarter Abkommen.
„Die volle Umsetzung des Nuklearabkommens von allen ist heute wichtiger denn je für die regionale Stabilität und die globale Sicherheit“, kommentierte beispielsweise Josep Borrell, seit 1. Dezember Hoher Vertreter der EU für Außenund Sicherheitspolitik, die Erklärung des iranischen Regimes, sich eben diesem Abkommen nicht mehr verpflichtet zu erachten. Auch Ursula von der Leyen, die neue Präsidentin der Kommission, mahnt: „Nach den jüngsten Entwicklungen im Irak ist es jetzt wichtig, dass der Kreislauf der Gewalt durchbrochen wird und nicht eine Aktion mehr die nächste hervorruft, sondern wieder Raum für Diplomatie geschaffen wird“, heißt es in ihrer Erklärung vom Montag. „Hier kommt Europa eine besondere Verantwortung zu.“
Doch den wortreichen Äußerungen der Europäer steht ihre außenpolitische Machtlosigkeit gegenüber. Mehr noch: Sie sind im Nahen Osten und in Nordafrika, den beiden für Europa wichtigen Nachbarregionen, so gut wie komplett abgemeldet. Zu diesem Schluss kommt der European Council on Foreign Relations, eine der renommiertesten europäischen Ideenschmieden, in seiner neuen Studie namens „Mapping European Leverage in the Mena Region“(„Mena“ist das englische Kürzel für „Middle East and North Africa“). Der Einfluss der Europäer hier „war noch nie schwächer“, warnen die Studienautoren. „Trotz seiner beträchtlichen wirtschaftlichen und politischen Part
Was genau ist Europas Position im gegenseitigen Drohen zwischen USA und Iran? Am Dienstag trafen sich, eilig einberufen, die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und des Vereinigten Königreichs in Brüssel, um sich darüber auszutauschen. Am Freitag wird Borrell mit allen EU-Außenministern bei einem außerordentlichen Ratstreffen beraten, was zu tun sei.
„Es ist schwer, die europäische Position ernst zu nehmen“, kritisierte Sven Biscop vom Königlichen Institut für Internationale Beziehungen, dem Thinktank des belgischen Außenministeriums, im Oktober am Beispiel der türkisch-syrischen Eskalation in der Folge des Abzuges eines großen Teils der US-Truppen aus Nordsyrien. „Offensichtlich ist Europa der Meinung, dass eine westliche militärische Präsenz in Nordsyrien für seine Sicherheit nötig ist. Aber Europa will diese Truppen nicht selbst stellen.“Die EU „braucht die Kapazität, militärische Macht einsetzen zu können. Nicht, um in jeder Krise zu intervenieren – im Gegenteil, Gewaltanwendung muss das letzte Mittel bleiben.“Doch ein Akteur, der keine militärische Macht besitze, „wird unausweichlich in Situationen gelangen, in denen er nicht handeln kann, aber seine Sicherheitsinteressen auf dem Spiel stehen“. Willst du den Frieden, dann rüste dich für den Krieg: Diese klassische Einsicht in die Staatskunst ist für die Europäer schmerzlich aktuell.
Die Wut und das Chaos nach der gezielten US-Tötung des iranischen Spitzengenerals Qasem Soleimani verwandelten sich am Dienstag in eine tödliche Tragödie: Am Vormittag waren Zehntausende zum Trauerzug Soleimanis in dessen Geburtsstadt, Kerman, im Südosten des Landes geströmt. „Tod Amerikas!“und „Tod Trumps“, skandierten viele, während sich Menschenmassen durch die engen, überfüllten Straßen drängten. Die empörte Menge folgte den Särgen mit den sterblichen Überresten Soleimanis und des ebenfalls getöteten Brigadegenerals Hossein Purdschafari, die durch die Gassen getragen und später auf einem Platz im Stadtzentrum aufgebahrt wurden.
Während des hochemotionalen Trauerzuges kam es zur Massenpanik: Bei der
Stampede kamen mindestens 40 Menschen ums Leben, mehr als 200 Menschen wurden verletzt. Die Beerdigung des einflussreichen Generals musste auf einen späteren Zeitpunkt am Nachmittag verschoben werden: Es sei unmöglich, die Leiche zum Friedhof zu transportieren.
Der Andrang in Kerman war ähnlich groß wie bei den vorherigen Zeremonien zu Ehren des getöteten Generals in Teheran und anderen Städten des Landes, an denen in den vergangenen Tagen Hunderttausende Menschen teilgenommen hatten.
Soleimani war am Freitag von einer USDrohne in Bagdad getötet worden. Der einflussreiche General hatte die für Auslandseinsätze zuständigen al-Quds-Brigaden der iranischen Revolutionsgarden befehligt, die unter anderem in Syrien und im Irak tätig sind. Nach Angaben eines US-Sicherheitsberaters hatte Soleimani im Irak Angriffe auf US-Diplomaten und Militärs geplant.
Die gezielte Tötung des Kommandeurs hat den Konflikt zwischen den USA und dem Iran dramatisch verschärft. Sein Tod könnte nun zu einem gefährlichen Strategiewechsel des islamistischen Regimes führen: Nach Informationen der „New York Times“deutete Staatsoberhaupt Ayatollah Ali Khamenei bei