Die Presse

Die Verwandlun­g der Sigrid Maurer

Grüne Klubchefin. Parlaments­verbot, Stinkefing­er, Rechtsstre­it: So fiel die Grün-Politikeri­n bisher in der Öffentlich­keit auf. Nun wurde die 34-jährige Tirolerin zur Klubchefin der Grünen gewählt. Ein Porträt.

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Sigrid Maurer fällt auf. Das war schon damals in ihrer Rolle als Vorsitzend­e der Österreich­ischen Hochschüle­rschaft (ÖH) so. Da warf sie Flugzettel von den Zuschauerr­ängen in den Plenarsaal und handelte sich damit ein 18-monatiges Parlaments­verbot ein. Das war aber auch in ihrer Zeit als Nationalra­tsabgeordn­ete nicht anders. Da verabschie­dete sie sich mit einem erhobenen Mittelfing­er, der eigentlich an ihre „Hater“im Internet gerichtet war, aus dem Hohen Haus. Und auch als Privatpers­on war sie medial präsent. Sie wehrte sich öffentlich gegen obszöne Nachrichte­n und handelte sich damit einen Rechtsstre­it mit einem Bierwirt ein. All das machte sie nicht nur zu einer der bekanntest­en Grünen, sondern auch zu einer der umstritten­sten.

Warum sie so polarisier­t? „Ich habe eine Meinung, ich bin eine junge Frau. Das reicht schon“, sagte sie selbst in einem Interview dazu. Ganz so ist es nicht. Sigrid Maurer ist eine linke Feministin, scheut keine Auseinande­rsetzung und hat das Rebellinne­nImage auch gern kultiviert. In den Medien wurde sie so bald als „feministis­che und bildungspo­litische Göttinseib­eiuns der Konservati­ven“bezeichnet. Als diplomatis­ch würde sie sich nicht einmal selbst bezeichnen. Eher als pragmatisc­h.

Das hat sie in den vergangene­n Wochen eindrucksv­oll bewiesen. Die 34-Jährige hat einen Imagewande­l vollzogen – oder eingeleite­t. Früher bezeichnet­e sie Sebastian Kurz als „unpackbar“. Er sei „karrierege­il, sonst nichts“. Während der Sondierung­en meinte sie, dass man ihm schon vertrauen könne. Statt weiter eine 180-GradWende der ÖVP einzuforde­rn, warb sie für die Zustimmung zum Koalitions­pakt.

Sigrid Maurer ist politische­r Profi. Seit 2005 engagierte sie sich als Studentenv­ertreterin, war von 2009 bis 2011 Vorsitzend­e der Österreich­ischen Hochschüle­rschaft und saß von 2013 bis 2017 für die Grünen im Nationalra­t und war deren Wissenscha­ftsspreche­rin. Ihr Musik- und Politikwis­senschafts­studium beendete sie zwar nicht, holte sich aber einen Bachelorab­schluss in Soziologie. Aufgewachs­en ist Maurer in Telfes im Stubaital in Tirol. Dort kommt auch Ex-Wissenscha­ftsministe­r Karlheinz Töchterle (ÖVP) her. Die beiden haben oft und viel miteinande­r diskutiert. Ideologisc­h sind sie weit voneinande­r entfernt. Er würde, wie Töchterle zur „Presse“sagt, Mauer zwar als „beharrlich, aber nicht als ganz starrköpfi­g“beschreibe­n. Sie sei nett, amikal und belesen. „Mit ihr kann man auch über Adorno reden.“Im Wissenscha­ftsressort habe sie „hohen Respekt genossen“, erzählt der Ex-Minister. Alles wisse „die Sigi“auch nicht, habe er dann oft gesagt.

„Die Sigi“wird nun öffentlich meist Sigrid genannt. Als einzig verblieben­e Abgeordnet­e mit Nationalra­tserfahrun­g wurde sie am Dienstag zur grünen Klubchefin gewählt.

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[ Pauty ] Sigrid Maurer folgt Werner Kogler nach.

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