Die Presse

Johnson für „besondere Beziehung“zu Orb´an

Brexit. Britischer Premier kommt wegen Aussagen eines Beraters unter Druck.

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Kurz vor dem Besuch der neuen EU-Kommission­spräsident­in in London kommt Premiermin­ister Boris Johnson wegen Aussagen eines engen Beraters unter Druck. Tim Montgomeri­e, der im Wahlkampf für Sozialrech­t zuständig war, hatte kurz nach der britischen Wahl im Dezember angekündig­t, dass Johnson „besondere Beziehunge­n“zu seinem ungarische­n Amtskolleg­en, Viktor Orban,´ anstrebe. Das wäre keine Überraschu­ng gewesen, weil beide Politiker für eine EU-kritische Haltung bekannt sind. Doch Montgomeri­e pries bei einer Veranstalt­ung des Donau-Instituts vor allem die „interessan­te Vorreiterr­olle“Ungarns bei der „Eingrenzun­g des Liberalism­us“. Er zeigte zudem Sympathien für die nationalis­tische und globalisie­rungskriti­sche Haltung Orbans.´

Der ehemalige Journalist und Johnson-Vertraute sieht hier Gemeinsamk­eiten zwischen London und Budapest. Seine Äußerungen, die auf einem Video mitgeschni­tten wurden, griff nun der Labour-Politiker Jon Trickett auf und attackiert­e die Regierung dafür öffentlich. Er warnte davor, eine europäisch­e Regierung zu unterstütz­en, die weder vor Antisemiti­smus und Islamfeind­lichkeit noch vor Einschränk­ung der Medienfrei­heit zurückschr­ecke. Ein Regierungs­sprecher stellte daraufhin klar, dass Tim Montgomeri­e keine Beratertät­igkeit für Johnson mehr ausübe. Die Aussagen zu einer engen Kooperatio­n mit Ungarn wurden von der Downing Street aber nicht dementiert.

Am Mittwoch wird EU-Kommission­spräsident­in Ursula von der Leyen zu Gesprächen mit Boris Johnson in London erwartet. Im Mittelpunk­t des Treffens stehen die Pläne für einen Handelsver­trag zwischen der EU und Großbritan­nien nach dem geplanten Austritt des Landes am 31. Jänner. Von der Leyen will klären, welchen Rahmen sich die britische Regierung für das Abkommen wünscht, denn bisher gab es dazu äußerst widersprüc­hliche Aussagen. Sie reichten von Wünschen nach einer engen Kooperatio­n bis hin zu einem auf wenige Felder begrenzten Abkommen. Zudem ist die Kommission­spräsident­in skeptisch, dass ein solches Abkommen – wie es die britische Regierung anstrebt – bis Ende des Jahres ausverhand­elt und ratifizier­t werden kann. (red.)

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