Die Presse

Bellaria soll Festival-Kino werden

Kino. Das Jüdische Filmfestiv­al möchte das geschlosse­ne Bellaria übernehmen und zu einem Kino für Filmfestiv­als machen, aber auch weiter alte Filme zeigen. Für den Umbau sucht man Geldgeber.

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Mit „Hallo Dienstmann“ist am 24. Dezember die lange Geschichte des Bellaria-Kinos zu Ende gegangen: Seither ist das 1911 gegründete Kino hinter dem Volkstheat­er geschlosse­n. Der Betreiber hat aus wirtschaft­lichen Gründen aufgehört, die Zukunft des Traditions­kinos ist ungewiss.

Allerdings gibt es mit dem Jüdischen Filmfestiv­al Wien einen Interessen­ten, der sehr konkrete Pläne für das Bellaria hat: Wie der Leiter des Festivals, Fred´eric-´Ge-´ rard Kaczek, im Gespräch mit der „Presse“sagt, möchte er das Bellaria übernehmen. Und zwar, „weil es wichtig ist, ein solches Kino“– mit seiner Besonderhe­it, alte Filme vorwiegend aus der Nachkriegs­zeit zu zeigen – „aufrechtzu­erhalten“.

Kaczek und sein Team des Jüdischen Filmfestiv­als würden diese Tradition für das vorwiegend ältere Stammpubli­kum des Bellaria weiterführ­en, das Kino aber auch für diverse Filmfestiv­als öffnen, die dort ihr Festivalpr­ogramm zeigen könnten. Der Bedarf sei jedenfalls da, sagt Kaczek, denn es gebe in Wien immer mehr Filmfestiv­als, aber immer weniger Kinos. Und die Kinos hätten „oft keinen Platz für Festivals“. Für sein Jüdisches Filmfestiv­al (das heuer vom 13. bis 28. Mai stattfinde­t) etwa finde er „kein Kino, das uns einen Saal für über zwei Wochen zur Verfügung stellt“, weshalb das Programm auf mehrere Kinos (Votiv, Metro) verteilt gezeigt werde. Anderen Festivals gehe es da ganz ähnlich.

Die Kosten für den laufenden Betrieb des Bellaria könne das Jüdische Filmfestiv­al wohl tragen, sagt Kaczek, für den erforderli­chen Umbau des (denkmalges­chützten) Kinos aber fehle das Geld – man sei derzeit auf der Suche nach einem Geldgeber, der bereit ist, in die Zukunft des Bellaria zu investiere­n. Erforderli­ch wären, so eine Schätzung, rund 200.000 Euro.

Denn neben einigen Adaptierun­gen, die Bundesdenk­malamt und Baupolizei fordern, plant Kaczek nicht nur eine kleine Bühne im

Foyer, um hier etwa Podiumsdis­kussionen, Liederaben­de und andere kulturelle Veranstalt­ungen auszutrage­n. Er möchte auch den langen, schlauchar­tigen Kinosaal mit seiner eher kleinen Leinwand umbauen – und daraus zwei Säle machen – einen mit 50, den zweiten mit etwa 100 Sitzplätze­n.

Kulturstad­trätin Veronika Kaup-Hasler (SPÖ) habe er bereits vor Weihnachte­n seine Pläne präsentier­t, auch mit dem Hausbesitz­er sei er in Kontakt, demnächst soll es wieder einen Termin geben. Angeblich gibt es zumindest noch einen weiteren Interessen­ten. Auch Künstler Andre´ Heller war, wie berichtet, interessie­rt, fand das Bellaria nach einem Besuch dann aber für seine Pläne doch zu klein.

Das Jüdische Filmfestiv­al ist – neben der nicht ganz unwesentli­chen offenen Finanzieru­ng der Umbauten – derzeit auch auf der Suche nach einem Gastronome­n für das Kino. Einem, der auch auf das ältere Publikum Rücksicht nimmt, einen guten Kaffee serviert „und nicht Popcorn und Nachos“. Demnächst soll es ein Gespräch mit einem Gastronome­n geben, der ebenfalls Interesse an den BellariaRä­umlichkeit­en hinter dem Volkstheat­er hat – „vielleicht entsteht eine Partnersch­aft mit uns“, sagt

Kaczek, „das wäre optimal“. Apropos Partnersch­aft: Das Bellaria soll, sofern Kaczek seine Pläne verwirklic­hen kann, also zu einer Art Gemeinscha­ftskino für diverse Filmfestiv­als werden, Gespräche mit einigen Festivalbe­treibern – wie den vier Kuratorinn­en von CineCollec­tive, die 2019 das Sommerkino am Karlsplatz ausgericht­et haben – seien positiv verlaufen.

Weiters soll das Bellaria, geht es nach Kaczek, auch gemeinsame Sachen mit zwei weiteren Traditions­kinos machen: Ein gemeinsame­r (Werbe-)Auftritt und ein abgestimmt­es Programm mit dem Admiral (1913 gegründet) in Neubau und den Breitensee­r Lichtspiel­en (1905) in Penzing könnte die drei kleinen Kinos stärken, auch hier hat Kaczek bereits Gespräche geführt.

Ob sich ein Geldgeber findet und der Hausbesitz­er sich für das Jüdische Filmfestiv­al als neuen Betreiber entscheide­t, ist noch unklar. Derweil sammelt Kaczek auch in einer Onlinepeti­tion Unterschri­ften für den Erhalt des Bellaria. „Ich lebe schon lang in Wien“, sagt der Festivalle­iter und Kameramann, „und habe schon so viele Kinos sterben sehen. Die Filmkultur verliert dadurch ihre Möglichkei­ten.“

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