Wieder Fehlplanung im Gesundheitsbereich
Kinder. Gerade zu Schulbeginn wird die Kinderabteilung im Spital Nord gesperrt. Nun verschärfen Fehlberechnungen das Problem – während auch noch die Grippewelle im Anrollen ist.
Das neue Jahr beginnt mit einer Negativpremiere im Wiener Gesundheitssystem. Mit dem heutigen Mittwoch muss erstmals nach den Feiertagen, wenn alle Urlauber wieder zurück in Wien sind, eine komplette Abteilung vorübergehend geschlossen werden. Betroffen ist die Kinderstation und die Kinderabteilung im vor Kurzem eröffneten Krankenhaus Nord (Klinik Floridsdorf ), die bis 19. Jänner gesperrt ist. Damit verschärft sich mit dem Schulbeginn die Situation für kranke Kinder in Wien.
Dazu kommt: In der Wiener Rudolfstiftung, die mit dem Kaiser-Franz-Josef-Spital (SMZ Ost) eine Region mit rund 800.000 Menschen versorgen muss, wurde kürzlich die Kinderabteilung geschlossen. Seitdem werden Eltern, die mit ihren Kindern dorthin kommen, offiziell aufgefordert, direkt in das Krankenhaus Nord auszuweichen. Dort sind nun aber die Kinderabteilung und die dazugehörige Ambulanz geschlossen. Damit drohen weitere Fälle, in denen Eltern einen Spießrutenlauf durch das Gesundheitssystem absolvieren müssen. Denn bereits Ende Oktober traten erste derartige Fälle auf, wie die „Presse am Sonntag“exklusiv berichtete.
Argumentiert wird die Sperre der Kinderabteilung im KH Nord beim Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) so: Das erfolge, nachdem zu Weihnachten alle (derartigen, Anm.) Abteilungen bis auf jene in der Rudolfstiftung geöffnet gewesen waren. Nun müssten einige KAV-Mediziner ihren Urlaub konsumieren bzw. „müssen wir das Arbeitszeit-Ruhegesetz einhalten“, wird erklärt. Es gebe eine Zusammenarbeit mit dem Donauspital, dem Partnerspital des KH Nord.
Ein hochrangiger KAV-Mediziner, der aus Angst vor Konsequenzen seinen Namen nicht in der Zeitung lesen will, spricht wörtlich von einer „schwachsinnigen Aktion des Managements“. Normalerweise würden über die Feiertage Abteilungen gesperrt, wenn zahlreiche Eltern mit ihren Kindern auf Urlaub seien: „In den Weihnachtsfeiertagen geht keiner gern in ein Spital. Da kann man leicht Stationen sperren, damit Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Zeitausgleich und Urlaub abbauen können.“In der Vergangenheit sei das gemacht worden, heuer allerdings nicht: „Weil man dafür eine Vorlaufzeit von rund zwei Monaten braucht. Das hat das Management offenbar völlig übersehen und ist auf die Probleme zu spät draufgekommen“, meint der Mediziner, der klarstellt: „Meine Kolleginnen und Kollegen haben sich den Urlaub redlich verdient – ihnen ist kein Vorwurf zu machen. Aber das Management hat entschieden, dass sie zu den Feiertagen, wenn wenig los ist, im Dienst sein müssen. Und nun, wenn viel los sein wird, müssen sie auf Urlaub gehen.“
Dazu kommt: Die Grippewelle rollt an. Das verschärft naturgemäß die Situation weiter: „Durch die Sperre von Abteilungen wird das wieder zu Gangbetten führen“, meint ein anderer KAV-Mediziner: „Gangbetten sind aber immer ein Zeichen von Fehlern im Management.“
Laut Medizinern der Rudolfstiftung erwägt die KAV-Führung, dort eine kardiologische Abteilung vorübergehend zu schließen, um genügend Betten für die Grippewelle zu haben. Ein Arzt kommentiert das zynisch: „Während die kardiologische Abteilung dort geschlossen ist, sollte man am besten keine Herzprobleme bekommen.“Seitens des KAV wird beteuert, dass die medizinische Versorgung in Wien, auch bei den Kindern, jederzeit in vollem Umfang gegeben ist.
Ein Problem bei der Kinderabteilung ist, dass sich der KAV ärger verrechnet hat, als bisher bekannt ist. Beim Spital Nord wurde mit 15 Prozent Fehlzeiten bei den Ärzten gerechnet (Urlaub, Krankenstände, Fortbildungen, Karenzen etc.). Nach „Presse“-Informationen gibt es im Krankenhaus Nord durch Urlaube und Krankenstände derzeit allerdings rund 25 Prozent Fehlzeiten. Dieser Personalmangel sei ein Grund für die Sperre der Kinderstation, ist in KAV-Kreisen zu hören. Seitens des KAV wird das nicht kommentiert. Derzeit habe man keine entsprechenden Zahlen, wird der „Presse“erklärt.