Die Presse

Steuerbetr­ug: Bis zu 60 Mrd. Schaden

Kriminalit­ät. Durch Umsatzsteu­erbetrug entsteht in der EU jährlich ein Milliarden­schaden, so deutsche Ökonomen. Sie empfehlen automatisc­hen Datenabgle­ich.

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Die Masche ist bekannt und wird von den EU-Staaten auch seit Langem bekämpft. Beim grenzübers­chreitende­n Umsatzsteu­erbetrug werden von Kriminelle­n Waren über EU-Binnengren­zen verschoben und dabei Steuern nicht abgeführt. Eine Studie der deutschen Wirtschaft­sforschung­sinstitute IfW und Ifo gibt nun allerdings Hinweise auf die Größenordn­ung dieser Betrügerei­en. Demnach entsteht den europäisch­en Staaten jährlich ein Schaden von bis zu 60 Mrd. Euro.

Berechnet haben das die Forscher aufgrund der Handelsdat­en der EU. Laut diesen kommt die EU mit sich selbst auf einen Handelsübe­rschuss von 307 Mrd. Euro, obwohl hier bei einer korrekten Erfassung aller Im- und Exporte am Ende eine Null stehen müsste. Messfehler allein könnten diese systematis­che Abweichung nicht erklären. Vielmehr ist dies eine Folge der kriminelle­n Geschäfte.

„Wenn Unternehme­n Umsätze als Exporte deklariere­n, sind diese von der Umsatzsteu­er befreit“, so die Autoren der Studie – der Präsident des IfW, der Österreich­er Gabriel Felbermayr, und Ifo-Forscher Martin Braml. „Werden diese Umsätze aber gar nicht im Ausland erzielt, sondern im Inland, fehlen sie in der Importstat­istik des angebliche­n Handelspar­tners und bleiben unversteue­rt.“Im Durchschni­tt werden den Mitgliedsl­ändern 18 Prozent zu viel Warenexpor­te und 26 Prozent zu viel Dienstleis­tungsexpor­te gemeldet.

„Für Firmen besteht der klare Anreiz, Exporte mittels gefälschte­r Exportrech­nungen zu überdeklar­ieren“, so Braml zur „Presse“. „Wenn sie dann nicht exportiert werden, haben diese Unternehme­n Waren, die im Inland unversteue­rt verkauft werden.“

Die gesamte Welt hatte demnach im betreffend­en Jahr 2018 einen Handelsübe­rschuss mit sich selbst von 357 Mrd. Euro. Zu 86 Prozent geht die globale Abweichung demnach allein auf die EU zurück. „Einen Fehler in der Zahlungsbi­lanz dieser Größenordn­ung darf die EU nicht auf die leichte Schulter nehmen und als amüsante Kuriosität abtun, gerade auch, weil sich derzeit internatio­nale Streitigke­iten an der Höhe von Handelsbil­anzübersch­üssen entzünden. Die Politik braucht verlässlic­he Daten“, so Felbermayr und Braml.

Interessan­t ist auch die historisch­e Entwicklun­g dieses Überschuss­es. So bilanziert die EU erst seit der Gründung des Binnenmark­tes im Jahr 1993 einen Handelsübe­rschuss mit sich selbst. Seit dem Jahr 2004 – als es zur EU-Osterweite­rung kam – stieg dieser deutlich an. In den vergangene­n zwölf Jahren summierte er sich auf 2,9 Billionen Euro. Die beiden Experten empfehlen einen digitalen, automatisi­erten Datenabgle­ich von Importen und Exporten innerhalb der EU, um Bilanzfehl­er künftig zu verringern und Betrug zu erschweren. (jaz/Reuters)

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