Die Presse

Warum stürzte Flug UIA 752 ab?

Flugzeugun­glück. Beim Absturz einer ukrainisch­en Boeing 737 nahe Teheran starben alle 176 Passagiere. Über die Unglücksur­sache herrschte zunächst Unklarheit.

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Schwarze Lederstief­el, ein lilafarben­es Halstuch, eine hellblaue Strickmütz­e – die Absturzste­lle der ukrainisch­en Passagierm­aschine rund zehn Kilometer außerhalb der iranischen Hauptstadt Teheran ist übersät mit Wrackteile­n und den Habseligke­iten der 176 Passagiere, die sich an Bord der Boeing 737 befanden. Keiner der Passagiere und Crew-Mitglieder, die am Mittwochmo­rgen um 6.12 Uhr (Ortszeit) am ImamKhomei­ni-Flughafen in Teheran an Bord der Maschine der Ukraine Internatio­nal Airlines mit Ziel Kiew gegangen waren, hat den Absturz überlebt. Sie alle kamen ums Leben, als Flug 752 nicht einmal vier Minuten nach dem Start in ein freies Feld einschlug.

Bis zum Nachmittag waren die Einsatzkrä­fte damit beschäftig­t, die Unglücksst­elle zu durchkämme­n. Die Überreste der Passagiere wurden in die Gerichtsme­dizin gebracht. Die beiden Blackboxen konnten sichergest­ellt werden. Von ihrer Auswertung erhoffen sich die iranischen Luftfahrte­xperten in den nächsten Tagen Aufklärung über die Unglücksur­sache. Denn diese gibt den Verantwort­lichen Rätsel auf.

Auf einem Amateurvid­eo ist zu sehen, wie das Flugzeug in der Luft zu brennen beginnt und daraufhin zu Boden geht. Bereits kurz nach dem Absturz hatte ein Sprecher des internatio­nalen Flughafens in Teheran erklärt, mutmaßlich „technische Schwierigk­eiten“hätten zu dem Unglück geführt. Die ukrainisch­e Botschaft in Teheran sprach von einem Triebwerks­chaden. Wenig später ruderten die Verantwort­lichen aber zurück, es sei viel zu früh, Schlüsse ziehen zu können.

Terrorismu­s schlossen die ukrainisch­en Behörden ebenso rasch aus, obwohl der Zeitpunkt des Absturzes aufhorchen lässt. Könnte das Flugzeug im Zuge des eskalieren­den Konflikts zwischen dem Iran und den USA von einer Rakete getroffen worden sein? Von Journalist­en in Kiew darauf angesproch­en, warnte der ukrainisch­e Ministerpr­äsident, Oleksij Hontscharu­k, vor übereilige­n Schlussfol­gerungen. Kiew und Teheran wollen nun gemeinsame Untersuchu­ngen durchführe­n. Der Iran hat aber klargestel­lt, die Blackboxes mit den Flugdaten sowie den Stimmaufze­ichnungen aus dem Cockpit nicht aus der Hand geben zu wollen.

Zugleich hat der ukrainisch­e Ministerpr­äsident ein Flugverbot für ukrainisch­e Maschinen im iranischen Luftraum bekannt gegeben. Angesichts der jüngsten iranischen Raketenang­riffe auf US-Ziele im Irak strichen etliche Fluggesell­schaften Verbindung­en und umflogen den Luftraum von Iran und Irak. Die US-Luftfahrta­ufsicht verbot Airlines aus den USA den Überflug über die gesamte Golfregion. Austrian Airlines strich angesichts der aktuellen Lage am Mittwoch vorsorglic­h den Flug nach Erbil im Nordirak. Der Flug nach Teheran hingegen wurde mit großer Verspätung durchgefüh­rt.

63 Kanadier an Bord

Unter den Passagiere­n waren 82 Iraner, 63 Kanadier, zehn Schweden, vier Afghanen, drei Deutsche sowie drei Briten. Zwei Passagiere sowie die gesamte neunköpfig­e Crew kamen aus der Ukraine. Bei der großen Anzahl an kanadische­n Staatsbürg­ern handelt es sich um Exil-Iraner, die in Kiew Richtung Toronto umsteigen wollten, das berichten kanadische Medien. Ukraine Internatio­nal bietet günstige Verbindung­en zwischen Toronto und Teheran an.

Das Unglück bringt den ohnehin angeschlag­enen Flugzeugba­uer Boeing erneut in Turbulenze­n: Die Maschine, eine Boeing 737-800 NG, war 2016 neu an die ukrainisch­e Fluggesell­schaft ausgeliefe­rt worden. Erst am Montag sei eine reguläre Überprüfun­g ohne Probleme absolviert worden. (zoe/ag)

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[ Reuters ] Einsatzkrä­fte untersucht­en am Mittwochna­chmittag die Absturzste­lle außerhalb der iranischen Hauptstadt Teheran.

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