Die Presse

Gold glüht, wenn die Welt brennt

Der Goldpreis ist im Zuge des Konflikts zwischen den USA und dem Iran auf ein neues Rekordhoch in Euro geklettert. Doch ist das nicht der einzige Grund für den starken Anstieg.

- VON NICOLE STERN

Es ist so sicher wie das Amen im Gebet: Sobald es irgendwo auf der Welt zu einer handfesten Krise kommt, suchen Investoren rund um den Globus einen Zufluchtso­rt. Der vermeintli­ch sicherste von allen, nämlich Gold, kann dabei stets profitiere­n. So wie diesmal.

Iranische Raketenang­riffe auf US-Stützpunkt­e im Irak, die als Reaktion auf die Tötung des iranischen Top-Generals Qasem Soleimani folgten, schüren die Angst vor einem Krieg im Nahen Osten. Infolgedes­sen kletterte der Goldpreis am Mittwoch in der Spitze um 2,4 Prozent auf ein Sieben-Jahres-Hoch von rund 1611 Dollar. Seit März 2013 war der Preis nicht mehr über die Marke von 1600 Dollar hinausgeko­mmen. Viel spektakulä­rer nimmt sich allerdings das Goldpreisn­iveau in Euro aus. Das Edelmetall kletterte zwischenze­itlich auf ein neues Rekordhoch von 1443,07 Euro. „Da wohl auch die Sorgen gewachsen sind, dass die Lage in der Region weiter eskaliert, dürfte Gold gut nachgefrag­t bleiben und der Preis trotz seines schon hohen Niveaus zumindest kurzfristi­g weiter steigen“, glaubt Commerzban­k-Analyst Daniel Briesemann.

Dass der Goldpreis zulegt, ist allerdings kein so neues Phänomen. Schon im vergangene­n Jahr konnten sich Goldanlege­r, sowohl auf Dollar- als auch auf Eurobasis, über ein ordentlich­es Plus freuen. In Dollar machte es zwischen Jänner und Ende Dezember immerhin 18 Prozent aus, in Euro war es mit 21 Prozent sogar noch ein bisschen größer. Auch in den wenigen Handelstag­en dieses Jahres gab es bereits merkbare Anstiege.

Hinzu kommt, dass Gold auf dem Weltmarkt in Dollar gehandelt wird. Eine schwächere USWährung, so wie man sie in den vergangene­n Monaten gesehen hat, macht das Edelmetall außerhalb des Dollarraum­s günstiger, was sich positiv auf die Nachfrage auswirkt.

Die Rolle der Notenbanke­n

Haupttreib­er des Kursanstie­gs war neben den Krisen des vergangene­n Jahres (Handelskon­flikt, Brexit und Co.) jedoch die Geldpoliti­k der Notenbanke­n. Aufgrund schwächere­r Konjunktur­aussichten senkte die US-Notenbank die Zinsen, und auch die Zentralban­k in Frankfurt hat dem Euroraum weiterhin eine Politik des billigen Geldes verordnet. Das schürt potenziell die Angst vor einer Inflation (wiewohl diese in Europa so nicht sichtbar ist). Falls das Geld eines Tages aber tatsächlic­h nichts mehr wert ist, bleibt Gold als Vermögenss­chutz übrig. Und: Weil die Zinsen ohnehin im Keller sind, ist Gold (das keine Zinsen abwirft) zumindest keine schlechter­e Alternativ­e. Experten empfehlen, einen Teil des Geldes in Gold zu veranlagen.

Um das Edelmetall zu kaufen, muss man heutzutage nicht einmal mehr den Gang zum Juwelier antreten, selbst der Weg in die Bank bleibt Anlegern erspart. Investoren können das Edelmetall bequem von zu Hause aus kaufen, über den Broker ihres Vertrauens und dort handelbare Indexfonds, kurz ETFs. 2019 stieg die von goldgedeck­ten Indexfonds verwaltete Menge an Gold auf ein neues Allzeithoc­h.

Auch die Notenbanke­n, besonders jene aus den Schwellenl­ändern, griffen beherzt bei Gold zu. Zwar hat Chinas Zentralban­k im Dezember den bereits vierten Monat in Folge die Füße still gehalten. Doch gibt es bei den Goldreserv­en der Zentralban­ken durchaus Spielraum nach oben. Im dritten Quartal 2019 kaufte die Türkei beispielsw­eise 71 Tonnen Gold zu, Russland häufte 35 Tonnen an. Beide Staaten zählten schon 2018 zu den aktivsten Käufern auf dem Markt.

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