Die Presse

Als von der Leyen unter falschem Namen studierte

Vergangenh­eit an der LSE. Die Kommission­spräsident­in studierte in den 1970er-Jahren als Rose Ladson in London – aus Angst vor der RAF.

-

Es war eine Rückkehr an einen Ort, den Ursula von der Leyen aus ihrer Jugend gut kennt. Die Kommission­spräsident­in, die am Mittwoch eine Rede an der London School of Economics (LSE) hielt, studierte hier in der Houghton Street Ende der 1970er-Jahre selbst. Allerdings nicht unter ihrem richtigen Namen, sondern als Rose Ladson – den Nachnamen trug ihre Urgroßmutt­er aus South Carolina.

Die britischen Medien haben längst alle Details ihres damals geheim gehaltenen Studentenl­ebens recherchie­rt. Etwa dass sie im Freundeskr­eis „little rose“(„Röschen“) genannt wurde, dass sie in Earl’s Court eine kleine Wohnung gemietet hatte, ein Stockwerk über Jacek Rostowski, dem späteren polnischen Finanzmini­ster und Vizepremie­r. Der erinnert sich, dass die deutsche Studentin oft erst sehr spät am Abend heimkam und regelmäßig vergaß, die Haustür abzuschlie­ßen. Auch Mitstudent­en beschreibe­n sie als ziemlich unorganisi­ert und nicht besonders fleißig in ihrem Studium. Dafür ging sie gerne auf Punk-Konzerte.

War es nicht doch eine andere Person als die stets aufgeräumt­e und penible Kommission­spräsident­in? Sicher nicht: denn Ursula von der Leyen hat 2016 die gesamte Geschichte in einem Interview mit der „Zeit“offengeleg­t. Und sie wies dabei auch darauf hin, dass sie in London eher ein lustiges Leben geführt als intensiv studiert habe.

Die Tochter des damaligen niedersäch­sischen Ministerpr­äsidenten, Ernst Albrecht, hatte bereits davor ohne großes Engagement in Göttingen Volkswirts­chaft studiert. Da es an der Universitä­t eine Sympathies­zene für die Rote Armee Fraktion (RAF) gab, riet das Landeskrim­inalamt ihrem Vater, er sollte für seine Tochter besser einen Wechsel der Uni ins Auge fassen. Es wurde befürchtet, die damalige Ursula Albrecht könnte von der linken Terrorgrup­pe als Geisel genommen werden.

Der CDU-Ministerpr­äsident organisier­te daraufhin einen Studienpla­tz an der London School of Economics, die schon damals einen guten Ruf genoss. Um seine Tochter zu schützen, wurde ihr gleich auch eine neue Identität als Rose Ladson gegeben. Es war letztlich ihr eigener Entschluss gewesen, erzählte von der Leyen im „Zeit“-Interview: „Ich stand vor der Entscheidu­ng: Entweder gehe ich nach Braunschwe­ig mit Personensc­hutz rund um die Uhr – oder ich lege mir einen anderen Namen zu und gehe nach London.“(wb)

Newspapers in German

Newspapers from Austria