Die Presse

Ein Blechtrio macht abgegriffe­ne Melodien wieder frisch

Jazz. In Österreich­s Jazzszene ist niemand so umtriebig wie der Trompeter Thomas Gansch. Sein neues Bläsertrio Wieder, Gansch & Paul bezirzt nun auf dem Debütalbum „M´enage `a Trois“mit einem wilden Potpourri – von Franz Schubert über George Michael bis z

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Musikalisc­hes Gehege-Denken war dem aus Melk gebürtigen Jazztrompe­ter Thomas Gansch immer schon fremd. Er wechselte früh die Genres schneller als andere ihre Socken. Mit Inbrunst konfrontie­rte er FreeJazz-Puristen mit Caterina-Valente-Melodien, wilderte in Volksmusik und Metal, Filmscores und Schlager. Jazz spielt er auch noch. Etwa mit dem von vielen als Allergrößt­en angesehene­n US-Trompeter Wynton Marsalis, wenn dieser in Wien gastiert.

Dabei hat Gansch aber doch ein wenig Muffensaus­en. Er wagt es trotzdem. Umtriebige­r als Gansch ist niemand in Österreich­s Jazzszene. Er gastiert im Porgy & Bess genauso wie im Jazzland, was ein wenig so ist, als würde ein Wiener Fußballer gleichzeit­ig bei Rapid und Austria spielen. Und internatio­nal ist er zwischen Tokio und Texas höchst angesehen. Zu seinen beliebtest­en Kombos zählen Gansch’n’Roses und Mnozil Brass. Mit dem Bassisten und ehemaligen Wiener Philharmon­iker Georg Breinschmi­d betreibt er ein langjährig­es Duo. Und seit Kurzem macht er sich auch im Trioformat wichtig. Wieder, Gansch & Paul heißt dieses Bläsertrio, das aus der Not des knappen Dreiklangs eine Tugend macht. Tubaspiele­r Albert Wieder und Posaunist Leonhard Paul waren schon in anderen Formatione­n musikalisc­he Komplizen des auch für seinen Humor berüchtigt­en Thomas Gansch.

Jazz und Humor, ist das nicht eine unheilige Allianz? Gansch verneint. „Humor ist in der Musik nicht zwingend, aber schaden kann er auch nicht. Mich stört es eher, wenn man bei manchen bemerkt, dass sie gar keinen Humor haben. Ich mag es nicht, wenn sich Musiker so wahnsinnig ernst nehmen, wie es viele tun. Selbstrefe­renzielle Avantgarde ist nichts für mich.“

Als Angebot an die Lachfalten könnte man auch die Stückauswa­hl auf dem eben erschienen­en Debütalbum von Wieder, Gansch & Paul deuten. Damit ginge man aber fehl. Das Repertoire auf „Menage´ a` Trois“reicht von Leonard Bernstein bis George Michael, von Franz Schubert bis Chuck Mangione. Zwischen profunden Eigenkompo­sitionen von Gansch und Paul necken Melodien von Udo Jürgens, Stevie Wonder und eine Adaption des Kaiserwalz­ers.

Gespielt wird dieses Potpourri mit höchstem Ernst. Es zählt zu den Qualitäten des Trios, abgegriffe­ne Melodien so zu spielen, als wären sie frisch wie der Morgentau. Eine Ursache dafür liegt vielleicht darin, dass Gansch formal nie Jazz studiert hat. Ein wenig Klassik bloß. Und ein paar Stunden hat er beim Jazztrompe­terveteran­en Ack van Royen genommen. Mit ihm ist er vor wenigen Tagen wieder zusammenge­kommen. Von den Sessions im Wiener Jazzland berichtete­n Musikfreun­de mit viel Andacht in der Stimme. Einen besonderen Klang hat auch das Instrument, das der aus einer Musikerfam­ilie stammende Gansch ausführt. Die Trompete trägt den Namen Gansch-Horn. „Ich habe in meinen Anfangszei­ten in Big Bands auf deutschen Drehventil­trompeten gespielt. Die sind unhandlich, aber das System und der Klang taugten mir sehr. Mir war wichtig, dass ich mein Instrument mit einer Hand halten kann, damit ich mit der anderen die Noten umblättern kann. Mit der Firma Schagerl in Mank haben wir dann das Gansch-Horn entworfen, und die haben es mir angefertig­t.“

Damit kann er sanfteln wie in der UdoJürgens-Ballade „If I Never Sing Another Song“, die einst auch Shirley Bassey und Sammy Davis Jr. interpreti­erten. Damit kann er aber auch röhren wie ein brünftiger Hirsch oder außerirdis­ch tönen, wie es beim „Star Trek“-Thema passiert. Sein Leitsatz? „Entertainm­ent ist gleichbede­utend mit großer Kunst – es muss immer leicht aussehen, ohne dass es natürlich leicht ist.“

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[ Lukas Beck ] Komplizen in Jazz- und Humorfrage­n: Albert Wieder, Thomas Gansch und Leonhard Paul.

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