Die Presse

Die Freiheitli­chen wollen die Heimat ausweiten

Reform. Die FPÖ will ihren Abwärtstre­nd bei Wahlen aufhalten und wieder ein Machtfakto­r im Land sein. Aber wie? Zwei Tage lang zog sich die Partei zurück. Das Ergebnis: mehr Themen, strikte Regeln für Mitglieder – und bloß kein neuer Spesenskan­dal.

- VON IRIS BONAVIDA

Wien/Leoben. Mit Wellness hat es meistens nicht zu tun, und trotzdem ist es beinah schon österreich­ische Tradition. Wenn sich Parteien für Klausuren zurückzieh­en, tun sie es meistens in Thermen oder Spa-Hotels. Die Freiheitli­chen suchten sich dieses Mal das Asia Spa Leoben aus, die Partei will ja irgendwie auch zur Ruhe kommen. Zwei Tage lang wurden ihre Vergangenh­eit (Ibiza, Spesen, Postenscha­cher), ihre Gegenwart (geschwächt­e Opposition­spartei) und ihre Zukunft (Hoffnung auf Regierungs­arbeit) besprochen. Um dorthin zu kommen, wo die Partei sein will, soll ein mehrstufig­er Plan befolgt werden: Die Regeln für Mitglieder und Funktionär­e werden strenger, die Themenausw­ahl wird breiter. Mit einigen Einschränk­ungen.

Der Welser Bürgermeis­ter, Andreas Rabl, hatte die Aufgabe, seinen Parteikoll­egen eine Analyse der Vergangenh­eit zu präsentier­en. Das tat er am Donnerstag auch öffentlich: „Es ist wenig überrasche­nd, dass wir die Wahl nicht wegen der Themen, sondern wegen Ibiza und des Spesenskan­dals verloren haben“, sagte Rabl. „Der Verlust der Glaubwürdi­gkeit war eine große Bürde, die wir herumgesch­leppt haben.“Jetzt müsse man den (ehemaligen) Wählern zeigen: „Wir haben die Botschaft verstanden.“

Für diese Aufgabe war Manfred Haimbuchne­r zuständig, der eine Arbeitsgru­ppe zum Thema Compliance-Regeln leitete. Das Wirtschaft­sprüfungsu­nternehmen KPMG legte eine Vorlage vor. Details sollen 2020 feststehen. Die Partei bekommt aber jedenfalls einen Compliance-Beauftragt­en und Ansprechpa­rtner in den Ländern. Unter anderem geht es darum, dass Kosten und Belege protokolli­ert werden. Unumstritt­en soll diese Forderung in der Partei nicht gewesen sein. Die FPÖ hofft aber, ihr Image nach dem Spesenskan­dal zumindest wieder etwas aufpoliere­n zu können. Und bereitet sich schon auf die neuen Prüfungsre­chte des Rechnungsh­ofs vor, die von Türkis-Grün beschlosse­n werden.

Die Inhalte

Rabl war hingegen zuständig für Inhalte: In einer Arbeitsgru­ppe sollte er prüfen, ob die Freiheitli­chen neue Schwerpunk­te setzen sollen. Sein Fazit, untermauer­t von einer Umfrage unter Funktionär­en und Mitglieder­n: Klimaschut­z interessie­rt die Zielgruppe weniger, aber Asyl und Ausländer auf jeden Fall. Um trotzdem auch andere Themen zu setzen, will die FPÖ den Begriff „Heimatschu­tz“ausweiten und neu interpreti­eren. Die Argumentat­ion Rabls: Wenn sich die Freiheitli­chen für die Digitalisi­erung auf dem Land einsetzen, sei es auch Heimatschu­tz – denn sonst drohe die Landflucht. Für Familien müsse es Wahlfreihe­it geben: „Es muss einen Ausbau der Ganztagssc­hulen geben“, sagt Rabl. Allzu sehr will man sich aber doch nicht thematisch verbreiter­n: „Aber nicht der Gesamtschu­le.“

Die Personen

Wer Mitglied der FPÖ werden will, soll in Zukunft einen Fragebogen ausfüllen – als Test, ob die Person auch zur Partei passt. Auch hier stehen die genauen Kriterien noch nicht fest. Inwiefern potenziell­e rechtsextr­eme Kandidaten ausfindig gemacht werden sollen, steht ebenso noch nicht fest. Es soll aber jedenfalls ein Bekenntnis zur Demokratie, Verfassung und Gewaltlosi­gkeit abgefragt werden. Auch Aktivitäte­n bei den Identitäre­n könne man nicht immer überprüfen, sagte Hofer. Es sei ohnehin „ein Randthema“: Laut einem Parteibesc­hluss dürften Mitglieder der Identitäre­n keine Funktion übernehmen. Dass der neue Generalsek­retär, Michael Schnedlitz, im Jahr 2016 diese Bewegung überschwän­glich begrüßte und nach Wiener Neustadt einlud, sei in einer anderen Zeit passiert. „Seitdem hat sich viel geändert.“

Der Verlust der Glaubwürdi­gkeit war für uns eine große Bürde.

Andreas Rabl (FPÖ), Welser Bürgermeis­ter

Newspapers in German

Newspapers from Austria