Die Presse

Verfassung: Zurück an den Absender

Regierung. Nach einem Gastspiel bei der Justiz kehrt der Verfassung­sdienst wieder ins Bundeskanz­leramt zurück. Und diese Entscheidu­ng kommt nicht von ungefähr.

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Manch einer wertete es als positives Symbol, dass der Verfassung­sdienst sich während der türkis-blauen Regierung in der Wiener Wickenburg­gasse ansiedelte. Wohnte dort doch einst Hans Kelsen, der als Schöpfer der österreich­ischen Verfassung gilt. Andere warnten schon damals davor, dass die Verlegung des zuvor im Kanzleramt angesiedel­ten Verfassung­sdienstes in ein Außengebäu­de des Justizmini­steriums problemati­sch sei. Künftig wird wieder das Kanzleramt für die Verfassung­sagenden zuständig. Aber ist das gut so?

Der Verfassung­sdienst bereitet nicht nur Änderungen im Verfassung­srecht vor. Er kann auch Gesetzesen­twürfe aller Ministerie­n vorab auf mögliche Verstöße gegen die Verfassung prüfen. Wird ein Gesetz beim Verfassung­sgerichtsh­of angefochte­n, vertritt der Verfassung­sdienst dort die Republik.

Traditione­ll war diese wichtige Stelle direkt dem Kanzleramt untergeord­net. Dass der Verfassung­sdienst ins Justizmini­sterium übersiedel­te, war als Aufwertung für Josef Moser gedacht. Als Finanzmini­ster brachte Kanzler Sebastian Kurz den von einigen ÖVP-Landeschef­s kritisch beäugten Reformer nicht durch. Und so erfand man Ende 2017 kurzerhand ein Ministeriu­m, dass neben der Justiz auch für Reformen, Deregulier­ung und die Verfassung zuständig ist.

Große Reformen konnte Moser in seinen eineinhalb Jahren im Amt trotzdem nicht durchsetze­n. Und sein Nachfolger, Clemens Jabloner, machte als Übergangsm­inister deutlich, dass er von der gewählten Konstrukti­on wenig hält. „Gerade die Aufgaben des Verfassung­sdienstes im Bereich der Verfassung­spolitik – Änderung der Kompetenzv­erteilung etc. – sind nur aussichtsr­eich, wenn sie von der besonderen politische­n Autorität der Bundeskanz­lerin oder des Bundeskanz­lers getragen werden“, schrieb Jabloner in seinem Wahrnehmun­gsbericht.

Und so kehrt der Verfassung­sdienst nun wieder ins Kanzleramt zurück. Sollte etwa für die Einführung der Sicherheit­shaft eine verfassung­srechtlich­e Änderung nötig sein, würde dies nun unter der Ägide von Sebastian Kurz und nicht unter der grünen Justizmini­sterin Alma Zadic´ erfolgen. Neos-Verfassung­ssprecher Nikolaus Scherak hatte deswegen die Grünen kritisiert, weil deren Klubobfrau, Sigrid Maurer, zuvor noch erklärt hatte, Zadic´ würde auf die Verfassung aufpassen. Die neue Justizmini­sterin selbst wollte den Verlust der Verfassung­sagenden bisher nicht kommentier­en.

Eine Neuigkeit gibt es aus dem Landwirtsc­haftsminis­terium. Der 38-jährige Salzburger Gernot Maier wird dort Generalsek­retär. Er fungierte in der Vergangenh­eit als Kabinettsc­hef von Ministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). Die Möglichkei­t von Generalsek­retären behält die neue Regierung bei. Allerdings sollen Generalsek­retäre nicht mehr Beamte (und damit unkündbar) werden können.

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