Die Presse

Trumps Triumph und Pelosis Konteratta­cke

USA. Der Präsident konnte sich nur kurz über seine Machtdemon­stration gegenüber dem Iran freuen. Im Kongress brachte die Vorsitzend­e des Repräsenta­ntenhauses eine Resolution ein, die die Kriegsmach­t Trumps limitieren soll.

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Nach der zehnminüti­gen TV-Ansprache Donald Trumps vor martialisc­h inszeniert­er Kulisse im Weißen Haus, flankiert von seinem Kriegskabi­nett, atmeten Washington und der Rest der Welt auf. Groß war zunächst die Erleichter­ung – auch darüber, dass sich der impulsive Präsident an das Skript gehalten und nicht aus dem Stegreif gesprochen hatte. Tagelang waren die USA und der Iran am Rande eines Kriegs gestanden. Nun war die Eskalation vorläufig abgesagt.

Der US-Präsident hatte ein starkes Signal an das Regime in Teheran gesandt und mit grimmiger Miene gezeigt, dass er mehr ist als bloß ein Bluffer und Twitter-Tiger – und am Ende hatte er sogar noch einen beinahe versöhnlic­hen Ton gegenüber dem Erzfeind angeschlag­en. Er hatte neuerlich die Nato-Alliierten zu einem beherztere­n Engagement im Nahen Osten aufgeforde­rt. Insbesonde­re erhöhte er den Druck auf Großbritan­nien,

Frankreich und Deutschlan­d, das Atomabkomm­en zu verlassen, um womöglich ein neues auszuarbei­ten – so unwahrsche­inlich dies auch sein mag.

Nicht zuletzt hatte er zu Beginn des Wahljahrs eine Botschaft an seine Wähler gerichtet, in der er die Macht der Supermacht demonstrie­rte, die sich indes nicht notwendige­rweise in einem neuen Nahost-Krieg manifestie­ren muss. Einen mit allen Risken behafteten Waffengang würde er den kriegsmüde­n Amerikaner­n wohl nur sehr schwer vermitteln können. In Washington kursierte bereits das Szenario des Films „Wag the Dog“, in dem ein fiktiver US-Präsident kurz vor der Wiederwahl einen Krieg in Albanien vom Zaum bricht.

Hinterher telefonier­te Trump mit einigen seiner engsten Alliierten – mit Boris Johnson in London, mit Nato-Generalsek­retär Jens Stoltenber­g und Benjamin Netanjahu in Jerusalem. Israels Premier hatte den Präsidente­n – neben USAußenmin­ister Mike Pompeo – maßgeblich zum Hardliner-Kurs gegenüber Teheran angestache­lt. Ex-CIA-Chef Pompeo gilt als Nummer zwei der Trump-Regierung, als prägnantes­ter Berater in der Sicherheit­spolitik. Dass er während der Iran-Krise seine Ambitionen auf einen Senatssitz in Kansas aufgab, ist auch ein Akt der Loyalität in einem fluktuiere­nden Team im Weißen Haus. Der formellen Nummer zwei, Vizepräsid­ent Mike Pence, bleibt es überlassen, in einer Grundsatzr­ede am Montag eine Nahost-Strategie darzulegen.

In Washington hielt der Burgfriede derweil nicht lang. Im Kongress unterricht­ete das Sicherheit­skabinett – Pompeo, Verteidigu­ngsministe­r Mark Esper, Generalsta­bschef Mark Milley und CIA-Chefin Gina Haspel – die Abgeordnet­en über die Hintergrün­de der Kommandoak­tion gegen Qasem Soleimani und das angeblich akute Bedrohungs­szenario des Mastermind­s der iranischen Revolution­sgarden gegen die USA. Selbst zwei republikan­ische Senatoren, die Libertären Mike Lee und Rand Paul, kritisiert­en das Briefing lauthals. „Inakzeptab­el, unamerikan­isch, verfassung­swidrig“: Lees Vorwürfe übertrafen sogar noch jene der Demokraten, die die „immanente Gefahr“durch Soleimani anzweifeln.

Susan Rice, verhindert­e Außenminis­terin und Sicherheit­sberaterin unter Barack Obama, warf sich angesichts der scharfen Attacken Trumps gegen Obama für ihren Ex-Chef in die Bresche. Die Aufkündigu­ng des Atomdeals durch Trump im Jahr 2018 habe die Spannungen mit dem Iran erst verschärft, lautet der Tenor im ehemaligen Obama-Team.

In der Iran-Krise formiert sich die Opposition zu einem neuen Schlag gegen Trump. Als Vorsitzend­e des Repräsenta­ntenhauses brachte Nancy Pelosi eine Resolution ein, die die Macht des Präsidente­n limitieren soll, einen Krieg ohne Zustimmung des Kongresses zu beginnen. Eine Mehrheit war sicher, und im Senat hat sie in Mike Lee und Rand Paul möglicherw­eise zwei Überläufer gefunden.

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