Die Presse

Revolution im AUA-Betriebsra­t: Gagenkaise­r tritt ab

Luftfahrt. Der von der Fluglinie auf Rückzahlun­g überhöhter Gehälter geklagte Langzeitch­ef des Bodenbetri­ebsrats, Alfred Junghans, tritt bei der Betriebsra­tswahl nächste Woche nicht mehr an. Seine Liste erhält zudem Konkurrenz.

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Gut Ding braucht bekanntlic­h Weile und so bauen sich manche Revolution­en nur sehr langsam auf. Man schrieb das Jahr 2009: Die AUA war so gut wie pleite, hielt sich nur mit Staatsgeld in der Luft und wurde dann an die Lufthansa verkauft. Das hinderte den Langzeitch­ef des Bodenbetri­ebsrats, Alfred Junghans, und seinen Kollegen Harald Ramoser nicht, ihr Gehalt von 6000 auf 12.000 Euro brutto monatlich zu verdoppeln – wobei das damalige Management mitgespiel­t hatte.

Im Herbst hat die AUA die beiden Betriebsrä­te auf Rückzahlun­g von rund 500.000 Euro geklagt – heute, Freitag, findet dazu eine Verhandlun­g statt. Jetzt, mitten in dem gerade in Gang gekommenen Prozess vor dem Arbeitsger­icht, bahnt sich in der Arbeitnehm­ervertretu­ng für die rund 3000 Mitarbeite­r der Boden- und Technikdie­nste ein bemerkensw­erter Umsturz an. Junghans, seit 41 Jahren im Dienst der AUA und seit fast 20 Jahren Bodenbetri­ebsratsche­f, kandidiert bei der Betriebsra­tswahl vom 14. bis 16. Jänner nicht mehr an der Spitze der Liste „Team BRA“. Er hat das Zepter an Rene´ Pfister übergeben, erfuhr „Die Presse“aus dem Unternehme­n.

Pfister leitet die Lehrwerkst­ätte der AUA und ist auch politisch gut verankert: Er ist stellvertr­etender Vorsitzend­er der SPÖ-Fraktion in der GPA-djp, war Bundesrat und ist jetzt Landtagsab­geordneter in Niederöste­rreich. „Junghans hat uns im Dezember mitgeteilt, dass er auch angesichts der mittelfris­tig bevorstehe­nden Pensionier­ung seine Funktion zur Verfügung stellt“, erklärt Pfister der „Presse“.

Die Wahl ist für Pfister aber keineswegs bereits gelaufen, denn es gibt erstmals seit zwölf Jahren eine Konkurrenz-Liste. Die „Dissidente­n“namens „Choose“werden von Roland Chalusch, Operations Manager auf der Station Wien, angeführt.

Zweifelsoh­ne hat der Rückzug von Junghans und die Abspaltung mit dem Gagenskand­al zu tun, sind alle einig. „Das wird erstmals seit vielen Jahren sehr spannend“, sagt Bordbetrie­bsratschef Rainer Stratberge­r zur „Presse“. In der Luft wird die Belegschaf­tsvertretu­ng ebenfalls heuer neu gewählt.

Die Kür der neuen Arbeitnehm­ervertrete­r hat vor dem Hintergrun­d des vom AUA-Vorstand im November angekündig­ten massiven Sparpakets (die „Presse“berichtete) besondere Bedeutung. Schließlic­h sollen 800 der insgesamt 7000 Stellen gestrichen werden. Die Fluglinie will zwar die natürliche Fluktuatio­n nützen und freie Stellen nicht nachbesetz­en, das dürfte aber nicht reichen. „Wir müssen alle unsere Kräfte bündeln und ein Team aus erfahrenen Kollegen und jungen, die frischen Wind bringen, bilden“, sagt der PolitProfi Pfister deshalb schon jetzt in Richtung seines Herausford­erers Chalusch.

Zurück zu Junghans (er ist der Bitte um Stellungna­hme nicht gefolgt): Anlass für die Klage waren ähnliche Fälle in Deutschlan­d, unter anderem bei VW, Porsche und der AUA-Mutter Lufthansa. Letztere hat im Frühjahr 2019 die AUAFührung ersucht, die Gagenverme­hrung genau unter die Lupe zu nehmen. Nachdem Junghans einen Vergleich abgelehnt hat, ging die AUA vor Gericht. Sie stützt sich auf das im Arbeitsver­fassungsge­setz verankerte Privilegie­rungsverbo­t, wonach einem Betriebsra­t nicht mehr Gehalt zusteht als anderen Mitarbeite­rn.

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