Wie es um die Start-up-Förderung steht
Regierungsprogramm. Die neue Regierung hat auf die Start-ups nicht vergessen. Doch die Summe der Förderung wirft Fragen auf. Der Investor Hansi Hansmann fordert einen Start-up-Fonds in der Höhe von einer Milliarde Euro.
100 Millionen Euro hatte die Wirtschaftsministerin, Margarete Schramböck, im vergangenen Jahr versprochen. So hoch sollte das Volumen des neuen Digitalisierungs- und Wachstumsfonds sein. Dabei wollten öffentliche Hand und Banken sowie Stiftungen halbe-halbe machen.
Doch dazu kam es nicht mehr. Skandal und Neuwahl funkten dazwischen. Nun ist Schramböck (ÖVP) wieder Wirtschaftsministerin, was aber nicht heißt, dass sie alte Versprechen halten kann.
Denn im Regierungsprogramm werden anscheinend leisere Töne angeschlagen. Für den „Ausbau der Verfügbarkeit von Wachstumskapital für Start-ups und KMU“ist eine Finanzierung in der Höhe von zwei bis 20 Millionen Euro vorgesehen. Die Regierung denkt dabei entweder an ein Modell aus der Schweiz, einen Corporate Venture
Fund unter Einbindung heimischer Leitbetriebe, oder ein Modell aus Dänemark, einen Dachfonds, der andere Fonds fördert. In dem 328-Seiten-Schmöker findet man zwar die Absichtserklärung für einen Risikokapital-Fonds, beziffert wird dieser aber nicht.
Das heißt, wie viel Geld die neue Regierung für Jungunternehmen tatsächlich in die Hand nimmt, ist noch unklar. Konkretere Vorstellungen hat der Investor Hansi Hansmann. Er fordert einen Dachfonds in Höhe von einer Milliarde Euro. „Diese Anstrengungen dürfen nicht halbherzig sein“, sagt der Business Angel zur „Presse“. Man brauche „massiv viel Geld“. Dann würde auch Privatkapital leichter fließen.
Markus Raunig, Geschäftsführer des Start-up-Verbands AustrianStartups, pflichtet ihm bei. Diese Summe sei „schon realistisch“, sagt er zur „Presse“. „Wenn man in der Champions League mitspielen will, braucht es den Mut, Akzente zu setzen.“
Welche Auswirkungen fehlende finanzielle Unterstützung hat, sehe man daran, dass Wien im Innovationswettkampf mit anderen europäischen Städten verliere, beklagt Hansmann. „Wir haben den Anschluss an führende Start-up-Hubs verloren“, kritisiert auch Raunig.
Städte wie Lissabon haben uns überholt. Die portugiesische Regierung macht allein elf Millionen Euro pro Jahr für das Start-upFestival Web Summit in Lissabon locker. In Wien fand das einstige Leuchtturmprojekt, das Pioneers-Festival, im vergangenen Jahr zum letzten Mal statt. „Österreich hat seine Chance vertan“, urteilt Hansmann. Die Zeit, in der Wien Anlaufpunkt für CEE-Start-ups war, ist vorbei. Diese holen sich Investitionen nun bei der EU oder der Privatwirtschaft. Früher wollten sie nach Österreich, inzwischen gehen sie nach Berlin, nach London oder gleich in die USA. „Sie brauchen Österreich nicht mehr“, stellt Hansmann fest.
Welche positiven Akzente ein neues Regierungsprogramm setzen könne, zeige der Erfolg in Paris. Dort hat die Regierung unter Emmanuel Macron mit Steuererleichterung und vor allem mit der Ausgabe von VisaKontingenten die Start-up-Szene Frankreichs aufblühen lassen.
Auch Kanzler Sebastian Kurz und Vizekanzler Werner Kogler wollen ausländischen Fachkräften den Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt erleichtern. Daher soll die Rot-Weiß-Rot-Karte reformiert werden. Derzeit ist der Prozess für Nicht-EU-Bürger mit drei bis neun Monaten Wartezeit zu langsam. „Ein begehrter IT-Spezialist wartet nicht so lang“, erklärt Hansmann. In Berlin erhält man nach fünf Tagen eine Rückmeldung. Selbst England vereinfacht den Prozess für Jungunternehmen mit einer Art Premium-Lizenz.
Doch die Regierung will nicht nur leichter Fachkräfte ins Land holen, sie will auch besser ausbilden lassen. Coding kommt auf den Lehrplan und es ist geplant, „unternehmerisches Denken im Bildungssystem zu verankern“. Die Start-up-Szene bejubelt auch noch weitere Punkte: Entlastung bei der Einkommensteuer, Investitionserlaubnis für Pensionskassen und Stiftungen, Bürokratieabbau bei Förderungen, Regulatory Sandboxes, Fortsetzung des Fintech-Beirats und Flexibilisierung des Kapitalgesellschaftsrechts.
Auf der anderen Seite wird einiges vermisst: Von der Gewerbeordnung ist keine Rede mehr. Jungunternehmen müssen oft unnötige Gewerbeprüfungen ablegen oder lassen sich schwer kategorisieren. Somit gehöre diese modernisiert, sagt Raunig. Auch dass eine „steuerliche Absetzbarkeit von Anschub- und Wachstumsfinanzierung für innovative Start-ups“lediglich geprüft wird, verstehe er nicht. „Das ist eigentlich ein alter Hut. Da müssen wir in die Gänge kommen.“Dann könnte man zum Beispiel 100.000 Euro über fünf Jahre absetzen.
„Wir springen auf einen fahrenden Zug auf, nachdem wir sehen, wo er hinfährt. Besser wäre es, wenn wir vorn im Zug sitzen und bestimmen, wo dieser hinfährt“, sagt Hansmann. „Wir müssen uns spezialisieren.“Er denke dabei an den E-Health-Sektor. Auch im Bereich Female Founders könne sich Österreich profilieren.
Insgesamt sieht Hansmann das Regierungsprogramm sehr positiv. „Da ist mehr drin, als ich erwartet habe. Aber es kann viel drin stehen, es muss auch gemacht werden.“Das traue er der Regierung aber zu.