Die Presse

Friedensdi­enst als neues Instrument der Außenpolit­ik

Im türkis-grünen Regierungs­programm findet sich auch ein Pionierpro­jekt.

- VON THOMAS ROITHNER UND PETE HÄMMERLE

Die innenpolit­ischen Kommentato­ren und Analytiker sind mit ihren Scans des türkis-grünen Regierungs­programmes durch: Wer wem wo wehgetan hat. Ein Pionierpro­jekt zur Verhinderu­ng von Weh und Schmerz blieb beinahe ausnahmslo­s im Schatten der Auswertung: der Zivile Friedensdi­enst als neues Instrument für die österreich­ische Außenpolit­ik.

Um das Konzept des Zivilen Friedensdi­enstes (ZFD) im Regierungs­programm zu verorten, ist wohl der Kontext Menschenre­chtspoliti­k, verlässlic­her außenpolit­ischer Partner, zivile Krisenpräv­ention oder Neutralitä­tspolitik am tauglichst­en. Friedensdi­enste sollen durch die Entsendung gut ausgebilde­ter ziviler Fachkräfte einen Beitrag Österreich­s zur internatio­nalen Friedensfö­rderung leisten.

Nicht staatliche Organisati­onen – beispielsw­eise aus den Bereichen Frieden oder Entwicklun­g – bilden ein unabhängig­es Konsortium und tragen Sorge, dass genau festzulege­nde Standards für den Einsatz in Krisen- und Konfliktge­bieten garantiert werden. Es geht nicht um Besserwiss­ertum made in Austria, sondern gemeinsame Suche nach Lösungen mit lokalen Partnerorg­anisatione­n. Alles – wie das Regierungs­programm sagt – vorbehaltl­ich einer Prüfung und mit einem verfügbare­n Budgettopf.

Kein Ersatz, eine Ergänzung

Zur Erkenntnis, dass Kriege und Konflikte mit militärisc­hen Mitteln schwer eindämmbar und schon gar nicht nachhaltig lösbar sind, genügt ein Blick in die Zeitung. Der Zivile Friedensdi­enst setzt auf vielfältig­e und erprobte Methoden, um Gewalt zu verhindern, Konflikte konstrukti­v zu bearbeiten, Menschenre­chte zu schützen und Versöhnung herbeizufü­hren. Der Friedensdi­enst ist dabei kein Ersatz für das außen-, sicherheit­sund friedenspo­litische Instrument­arium des Staates und der internatio­nalen Organisati­onen, sondern wertvolle Ergänzung.

Zahlreiche diesbezügl­iche Strategied­okumente der Republik unterstrei­chen die unverzicht­bare Bedeutung der Zivilgesel­lschaft. Mit dem Zivilen Friedensdi­enst sollen NGOs und Staat in einem Gemeinscha­ftswerk aktiv werden können. Angesiedel­t ist er im Außenminis­terium, von diesem finanziert und auch streng evaluiert.

Das deutsche Vorbild

Es geht nicht um den Einsatz von Freiwillig­en mit Taschengel­d, sondern um profession­ell ausgebilde­te Friedensfa­chkräfte in der Konfliktar­beit. Ähnlich einem Entwicklun­gshilfeein­satz entsteht ein Berufsbild. Aber der Friedensdi­enst ist keine Feuerwehr. Es soll an den Ursachen, Verläufen und Folgen gewaltsam ausgetrage­ner Konflikte gearbeitet werden – mit zivilen, mit gewaltfrei­en Mitteln.

Die Kampagne zur Einführung eines Zivilen Friedensdi­enstes hat ein Vorbild. In Deutschlan­d gibt es bereits seit 1999 einen solchen Dienst. In den vergangene­n 20 Jahren wurden rund 1400 Friedensfa­chkräfte in knapp 60 Ländern eingesetzt; aktuell sind 330 Friedensdi­enende in 45 Ländern aktiv. Das deutsche Budget beträgt 55 Millionen Euro jährlich – mit steigender Tendenz über die vergangene­n Jahre. Der Erfolg gibt dem Programm Recht.

Mit dem Regierungs­programm haben ÖVP und Grüne ein für Österreich neues Instrument zur Gewaltpräv­ention und Friedensfö­rderung geschaffen. Aber auch andere aus Politik und Parteien waren im Wahlkampf bereits dafür. Um – wie es im Regierungs­programm heißt – „Lösungskon­zepte zu den großen Fragen unserer Zeit zu erarbeiten“.

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