Der Buhmann in der Feuersbrunst
Australien. Als Krisenmanager der Buschfeuer versagt Premier Scott Morrison wie US-Präsident George W. Bush bei Hurrikan Katrina 2005. Spät brach er den Hawaii-Urlaub ab, Betroffene jagten ihn zum Teufel. Nun sagt er Finanzhilfe zu.
Als Krisenfeuerwehrmann in der schwersten Naturkatastrophe des Landes steht Scott Morrison seit Wochen im Feuer der Kritik. Lang leugnete Australiens konservativer Premier hartnäckig den Klimawandel und seine Auswirkungen. Während mehr als hundert Buschfeuer im Südwesten des Kontinents wüten, warf sich der Ex-Tourismusmanager resolut für die Filetstücke der Wirtschaft in die Bresche: die Kohle- und Tourismusindustrie.
ScoMo, wie sich der 51-Jährige auf Facebook nennt, ist zum Buhmann in einer Krise geworden, deren apokalyptische Bilder von der Rauchwolke über Sydneys Skyline und von verkohlten Kängurus und Koalas an ein Szenario der Filmserie „Mad Max“gemahnen. In Anspielung auf seinen vorweihnachtlichen Hawaii-Urlaub hängen Poster mit Morrison-Konterfeis im Hawaiihemd und mit Surfergruß in den Städten; in den sozialen Medien sorgten Videos für Furore, in denen Betroffene ihm bei einer Stippvisite als Krisenmanager ihre Wut entgegenschleudern und ihn zum Teufel jagen.
Am Neujahrstag hatte er das Cricket-Nationalteam empfangen, statt der leidgeprüften Bevölkerung Trost zu spenden. Kritiker vergleichen ihn mit George W. Bush und seiner Reaktion auf den Hurrikan Katrina 2005, als der US-Präsident zu spät und zu wenig entschlossen reagierte.
In einer Umfrage der Zeitung „The Australian“sind die Popularitätswerte des Premiers um acht Punkte auf 37 Prozent gefallen – und es ist verwunderlich, dass sein Absturz nicht noch kapitaler war. „The Australian“gehört zu News Corp, dem Imperium des konservativen australischen Medienmagnaten Rupert Murdoch, das den Klimawandel und das Inferno zuletzt herunterspielt hat und Morrison gewogen ist. In Wahlkampfzeiten pilgern Australiens Politiker zu Murdoch nach New York, um sich ihren „Segen“abzuholen.
In einem TV-Interview gestand der Premier jetzt Fehler ein – Morrisons „Mea culpa“. Dass der Klimawandel durch heißere und trockenere Sommer einen negativen Effekt habe, dass Australien als Klimasünder CO2-Emissionen reduzieren müsse, dass er den HawaiiUrlaub angesichts der heftigen Brandsaison hätte absagen müssen: Unter dem Eindruck des geballten Unmuts und der Demonstrationen knickte Morrison ein und revidierte seine Positionen. Bei einer Parlamentsrede hatte er einmal demonstrativ einen Kohleklumpen in der Hand gehalten.
Erst kürzlich mobilisierte der Polizistensohn mit Faible fürs Militär 3000 Reservisten zur Unterstützung der Feuerwehr. Zuletzt sagte er 1,2 Milliarden Euro an Soforthilfe für die Opfer und zur Eindämmung der Feuersbrunst zu und kündigte eine Untersuchung an.
Im vorigen Mai hatte der evangelikale Christ, ein Anhänger der Pfingstbewegung, ein überraschendes Comeback geschafft. „Ich habe immer an ein Wunder geglaubt“, kommentierte Morrison den Sieg seiner konservativen Liberal Party bei der Parlamentswahl, bei der die oppositionelle Labour Party als Favorit gegolten hatte. Als Einwanderungsminister hatte er zuvor die strikte Migrationspolitik der Regierung propagiert: „Stoppt die Boote.“Als Schatzkanzler avancierte er zur Nummer zwei, ehe August 2018 ein Machtkampf entbrannte – ein Aufstand gegen Premier Malcolm Turnbull, bei dem Morrison schließlich die Oberhand behielt.
Im vergangenen Jahrzehnt waren alle Premiers – zwei LabourChefs, zwei Konservative – am internen Widerstand gescheitert. Nun steht Morrison an der Kippe.