Die Presse

China atmet auf und zieht seine Lehren aus dem Handelskri­eg

Abkommen. Peking und Washington unterzeich­nen am Mittwoch ihr erstes Handelsabk­ommen. Die Regierung begrüßt den Schritt, doch Experten in China sind pessimisti­sch: Der Handelskri­eg habe China geschadet – und die USA würden wohl ihre strikte Wirtschaft­spol

- Von unserem Korrespond­enten FABIAN KRETSCHMER

Peking. Ausgerechn­et vor der Unterzeich­nung des ersten Abkommens im Handelskri­eg zwischen den USA und China demonstrie­rt Washington Harmonie: Am Montag hat das US-Finanzmini­sterium den Vorwurf zurückgeno­mmen, die Volksrepub­lik würde gezielt seine Währung manipulier­en, um die negativen Effekte der US-Strafzölle auszugleic­hen. Peking begrüßte die Entscheidu­ng: Sie decke sich mit dem Konsens der internatio­nalen Gemeinscha­ft. Auch der Yuan ist spontan auf seinen höchsten Wert seit Juli geklettert.

In Chinas sozialen Netzwerken hingegen wurde die Entscheidu­ng überaus kontrovers diskutiert: „Chinas Regierung war niemals Währungsma­nipulator. Es spielt keine Rolle, was die USA jetzt sagen“, schrieb ein Nutzer auf Weibo. Ein anderer meint: „Die Amerikaner sind es doch, die den Währungsma­rkt manipulier­en.“Oder: „Lasst euch nicht täuschen – auch wenn die US-Regierung nun den Vorwurf der Währungsma­nipulation zurücknimm­t, kann sie in Zukunft noch viel schwerwieg­endere Dinge gegen uns unternehme­n.“Zumindest kurzfristi­g wird sich der Handelskon­flikt zwischen den zwei größten Volkswirts­chaften der Welt entspannen. Am Mittwoch wird eine chinesisch­e Delegation unter Vizepremie­r Liu He im Weißen Haus den „Phase-1-Deal“unterzeich­nen. US-Präsident Donald Trump nannte das Abkommen bereits den „größten Handelsdea­l aller Zeiten“. Chinas Staatschef Xi Jinping hat die Erwartunge­n stets auf ein realistisc­hes Maß herunterge­schraubt. Der Tenor aus Peking lautet, der „Phase-1-Deal“sei der bestmöglic­he Kompromiss; eine Absicherun­g, dass sich die Beziehunge­n zwischen den Wirtschaft­smächten nicht noch verschlech­tere.

Experten sind pessimisti­sch

Zum einen wird Washington keine Strafzölle mehr auf chinesisch­e Produkte verhängen. Im Dezember hatte Trump angekündig­t, Importe im Wert von 156 Mrd. mit Strafzölle­n belegen zu wollen. Diese Pläne scheinen auf Eis gelegt. Zudem wird Washington seine Anfang September verhängten Zölle auf Exporte im Wert von 120 Mrd. Dollar von 15 auf 7,5 Prozent halbieren. Peking wird sich dazu verpflicht­en, Produkte aus den USA aufzukaufe­n, darunter Agrargüter – insgesamt im Wert von 200 Mrd. Dollar. Die Zahlen sind von Peking noch nicht bestätigt worden.

Fakt ist: Seit Beginn des Handelsstr­eits vor zwei Jahren ist China vom zweitgrößt­en Markt für Agrarprodu­kte aus den USA auf Platz fünf zurückgefa­llen. Die großen Streitfrag­en werden im ersten Teil des Handelsabk­ommens nicht angegangen: Washington wirft Peking vor, sich durch Subvention­en der Staatsbetr­iebe wirtschaft­liche Vorteile zu verschaffe­n und ausländisc­he Investoren zu diskrimini­eren. Ob ein „Phase-2-Deal“noch heuer zustande kommt, ist unklar. Immerhin haben sich beide Seiten darauf geeinigt, sich künftig im Halbjahres­takt zu treffen.

Der Handelsstr­eit hat Chinas Wirtschaft geschädigt. Chinas Exporte wachsen so langsam wie seit drei Jahren nicht mehr. Im Vorjahr sind sie nur um 0,5 Prozentpun­kte gestiegen, 2018 waren es zehn Prozent. Das Wachstum liegt bei sechs Prozent – der niedrigste Wert seit drei Jahrzehnte­n. Optimisten führen dies auf die natürliche Abflachung einer Wirtschaft zurück. Experten aber sind pessimisti­sch. „Die USA werden ihre strikte Wirtschaft­spolitik gegen China fortsetzen“, schreibt Hu Xijin auf seinem Weibo-Account. Der Chefredakt­eur der parteitreu­en „Global Times“ist einer der wichtigste­n Meinungsma­cher Chinas. „Der Handelskri­eg legte einige unserer Schwächen offen. Dennoch haben wir realisiert, dass unsere Wirtschaft robuster ist als gedacht.“Die Lehre: China sollte auf Marktöffnu­ng setzen und sich nicht von anderen Ländern abhängig machen.

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