China atmet auf und zieht seine Lehren aus dem Handelskrieg
Abkommen. Peking und Washington unterzeichnen am Mittwoch ihr erstes Handelsabkommen. Die Regierung begrüßt den Schritt, doch Experten in China sind pessimistisch: Der Handelskrieg habe China geschadet – und die USA würden wohl ihre strikte Wirtschaftspol
Peking. Ausgerechnet vor der Unterzeichnung des ersten Abkommens im Handelskrieg zwischen den USA und China demonstriert Washington Harmonie: Am Montag hat das US-Finanzministerium den Vorwurf zurückgenommen, die Volksrepublik würde gezielt seine Währung manipulieren, um die negativen Effekte der US-Strafzölle auszugleichen. Peking begrüßte die Entscheidung: Sie decke sich mit dem Konsens der internationalen Gemeinschaft. Auch der Yuan ist spontan auf seinen höchsten Wert seit Juli geklettert.
In Chinas sozialen Netzwerken hingegen wurde die Entscheidung überaus kontrovers diskutiert: „Chinas Regierung war niemals Währungsmanipulator. Es spielt keine Rolle, was die USA jetzt sagen“, schrieb ein Nutzer auf Weibo. Ein anderer meint: „Die Amerikaner sind es doch, die den Währungsmarkt manipulieren.“Oder: „Lasst euch nicht täuschen – auch wenn die US-Regierung nun den Vorwurf der Währungsmanipulation zurücknimmt, kann sie in Zukunft noch viel schwerwiegendere Dinge gegen uns unternehmen.“Zumindest kurzfristig wird sich der Handelskonflikt zwischen den zwei größten Volkswirtschaften der Welt entspannen. Am Mittwoch wird eine chinesische Delegation unter Vizepremier Liu He im Weißen Haus den „Phase-1-Deal“unterzeichnen. US-Präsident Donald Trump nannte das Abkommen bereits den „größten Handelsdeal aller Zeiten“. Chinas Staatschef Xi Jinping hat die Erwartungen stets auf ein realistisches Maß heruntergeschraubt. Der Tenor aus Peking lautet, der „Phase-1-Deal“sei der bestmögliche Kompromiss; eine Absicherung, dass sich die Beziehungen zwischen den Wirtschaftsmächten nicht noch verschlechtere.
Experten sind pessimistisch
Zum einen wird Washington keine Strafzölle mehr auf chinesische Produkte verhängen. Im Dezember hatte Trump angekündigt, Importe im Wert von 156 Mrd. mit Strafzöllen belegen zu wollen. Diese Pläne scheinen auf Eis gelegt. Zudem wird Washington seine Anfang September verhängten Zölle auf Exporte im Wert von 120 Mrd. Dollar von 15 auf 7,5 Prozent halbieren. Peking wird sich dazu verpflichten, Produkte aus den USA aufzukaufen, darunter Agrargüter – insgesamt im Wert von 200 Mrd. Dollar. Die Zahlen sind von Peking noch nicht bestätigt worden.
Fakt ist: Seit Beginn des Handelsstreits vor zwei Jahren ist China vom zweitgrößten Markt für Agrarprodukte aus den USA auf Platz fünf zurückgefallen. Die großen Streitfragen werden im ersten Teil des Handelsabkommens nicht angegangen: Washington wirft Peking vor, sich durch Subventionen der Staatsbetriebe wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen und ausländische Investoren zu diskriminieren. Ob ein „Phase-2-Deal“noch heuer zustande kommt, ist unklar. Immerhin haben sich beide Seiten darauf geeinigt, sich künftig im Halbjahrestakt zu treffen.
Der Handelsstreit hat Chinas Wirtschaft geschädigt. Chinas Exporte wachsen so langsam wie seit drei Jahren nicht mehr. Im Vorjahr sind sie nur um 0,5 Prozentpunkte gestiegen, 2018 waren es zehn Prozent. Das Wachstum liegt bei sechs Prozent – der niedrigste Wert seit drei Jahrzehnten. Optimisten führen dies auf die natürliche Abflachung einer Wirtschaft zurück. Experten aber sind pessimistisch. „Die USA werden ihre strikte Wirtschaftspolitik gegen China fortsetzen“, schreibt Hu Xijin auf seinem Weibo-Account. Der Chefredakteur der parteitreuen „Global Times“ist einer der wichtigsten Meinungsmacher Chinas. „Der Handelskrieg legte einige unserer Schwächen offen. Dennoch haben wir realisiert, dass unsere Wirtschaft robuster ist als gedacht.“Die Lehre: China sollte auf Marktöffnung setzen und sich nicht von anderen Ländern abhängig machen.