Der erste türkis-grüne Lackmustest
Postenbesetzung. Kaum in der Regierung, müssen ÖVP und Grüne wichtige Personalentscheidungen für die Finanzmärkte und Banken Österreichs verhandeln. Wer setzt sich durch?
Nur eine Woche nach der Angelobung steht die neue türkisgrüne Regierung vor ihrer ersten personalpolitischen Bewährungsprobe. Ein Vorstandsposten bei der Finanzmarktaufsicht (FMA) und drei Generalräte der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) müssen nachbesetzt werden. Erstmals wird man das frisch vermählte Regierungspaar dabei beobachten können, wie es sich die Macht aufteilt.
Spannend ist die Situation deswegen, weil die ÖVP und die Grünen bei den Koalitionsverhandlungen in dieser Sache keine Absprachen getroffen haben, heißt es aus Verhandlungskreisen. Der Abgang des ÖVP-nahen FMA-Vorstands, Klaus Kumpfmüller, zur Hypo Oberösterreich kam überraschend – hatte er doch während der türkis-grünen Verhandlungen noch stark dafür lobbyiert, die von der ÖVP-FPÖ-Vorgängerregierung geplante FMA-Reform umzusetzen. Diese hätte ihn zum Alleinvorstand gemacht und seinen SPÖ-nahen Vorstandskollegen, Helmut Ettl, abmontiert.
Da aber in der FMA nun strukturell alles beim Alten bleibt, war es für den gut vernetzten Oberösterreicher attraktiver, die Nachfolge des verstorbenen Hypo-OÖ-Generaldirektors Andreas Mitterlehner anzutreten, anstatt sich weiter mit seinem roten Vorstandskollegen auseinandersetzen zu müssen. Am Montag wird ihn der Hypo-OÖAufsichtsrat offiziell bestellen.
So muss die neue Regierung den Posten nun rasch nachbesetzen. Denn das Gesetz sieht vor, dass immer zwei Vorstände über den Finanzmarkt wachen müssen. Da aber auch eine Ausschreibung verpflichtend ist, dürfte für die Übergangszeit ein interimistischer Vorstand bestellt werden.
Ursprünglich sollte die graue Eminenz im Finanzministerium,
Alfred Lejsek, diese Aufgabe übernehmen. Doch der Sektionsleiter für Finanzmärkte und Finanzmarktaufsicht bevorzugt, dort zu bleiben, wo er seit zwei Jahrzehnten die Fäden im österreichischen Bankensektor zieht. Zudem müsste er seine Funktion als FMA-Aufsichtsratschef zurücklegen.
Im Gespräch sind zwei weitere Routiniers: Die beiden Ex-OeNBDirektoren Kurt Pribil und Andreas Ittner. Vor allem Pribil wäre prädestiniert, immerhin hat er die FMA seit ihrer Gründung 2001 zwölf Jahre lang als Vorstand geführt. Dabei hat er miterlebt, wie ein provisorischer FMA-Vorstand – in diesem Fall Heinrich Traumüller auf Vorschlag des damaligen Finanzministers, Karl-Heinz Grasser – dauerhaft an der FMA-Spitze blieb.
Ein heißer Kandidat für die interimistische Besetzung ist auch der bisherige Finanzminister der Expertenregierung von Brigitte Bierlein, Eduard Müller. Der Sektionschef im Finanzministerium soll zudem auch keine schlechten Chancen haben, den FMA-Vorstandsposten dauerhaft zu übernehmen.
Genannt wird auch die der Öffentlichkeit kaum bekannte Fiona Springer. Die Juristin ist in der FMA als Teamleiterin für Verbraucherinformationen und Market Monitoring zuständig. Sie soll einen guten Draht zum engsten ÖVP-Führungszirkel haben. Eine weitere Frau, die sich bewerben dürfte, ist die ehemalige ÖbibChefin Marta Oberndorfer. Sie soll aber kaum Chancen haben.
Es fällt auf: Wo bleiben die grünen Kandidaten? Der in Medien genannte Josef Meichenitsch, grüner Koalitionsverhandler und enger Vertrauter von Grünen-Chef Werner Kogler, hat nur geringe Chancen auf den FMA-Vorstandsposten – ein rot-grünes FMA-Führungsduo wäre für ÖVP-Interessengruppen nicht tragbar. Für manche verstehen sie sich zu gut.
Der Grüne ist nach dem Verhandlungsmarathon wieder zurück in der FMA und wird dort vorerst weiter als Teamleiter für Geldwäscheprüfung werken. Außer die Grünen besinnen sich des machtpolitischen Kalküls und nominieren ihn für höhere Weihen. Im Vorteil ist indes die ÖVP – nicht nur, weil sie der größere Regierungspartner ist, sondern auch, weil der Finanzminister, Gernot Blümel, das Vorschlagsrecht innehat.
Dafür könnte Meichenitsch an anderer Stelle zum Zug kommen: Bei der Bestellung von zwei OeNBGeneralräten, deren Sitze bisher unbesetzt geblieben sind. Ein dritter dürfte auch noch frei werden, weil Walther Rothensteiner wie geplant sein Mandat demnächst zurücklegen wird. Ihm soll der Obmann der Raiffeisen-Holding NÖ-Wien, Erwin Hameseder, nachfolgen.