Türkis-Grün bringt Biosprit-Comeback
Energie. Die Regierung fordert zehn Prozent Biosprit im Benzin (E10). Gut für die Klimabilanz, vor allem aber für die Agrana, den größten heimischen Ethanolproduzenten.
Die heimische Agrana könnte zu einem der größten Profiteure der neuen Regierung werden. Im alten Kerngeschäft Zucker wird das börsenotierte Unternehmen zwar wohl auch unter Türkis-Grün weiter schwächeln. Doch andere Geschäftszweige dürften aufblühen.
Konkret geht es um die Bioethanolproduktion der Agrana in Pischelsdorf. Dort erzeugt das Unternehmen aktuell gut 250.000 Kubikmeter Biosprit aus Weizen, Mais und Zuckerrüben pro Jahr. In den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres sorgte der höhere Bioethanolpreis gar für einen kleinen Gewinnsprung. Doch so ganz sind die grünen Fantasien aus dem Raiffeisen-Reich, dem die Agrana angehört, in Österreich nie aufgegangen. Das soll sich jetzt ändern.
Im Regierungsprogramm versprechen die Koalitionäre nämlich sogar wörtlich die „forcierte Beimischung von Bioethanol (E10) und Überarbeitung der entsprechenden Zielsetzungen in der Kraftstoffverordnung, um die bestehende heimische Bioethanol-Produktion bestmöglich zu nutzen“.
Zur Erinnerung: In Österreich ist es derzeit gesetzlich vorgeschrieben, Benzin fünf Prozent Biosprit beizumischen (E5). Die nun angepeilte Verdopplung auf zehn Prozent war schon einmal geplant – und wurde 2012 zum Debakel für den damaligen ÖVP-Landwirtschaftsminister, Niki Berlakovich.
Der E10-Start scheiterte nicht nur am Widerstand des damaligen Koalitionspartners SPÖ. Auch viele Autofahrer waren verunsichert, nachdem sie die missglückte Einführung des angeblichen „Motorenschrecks“E10 in Deutschland mitverfolgt hatten. Eine Zeit lang versuchte die schwarze Landwirtschaftslobby noch, die Menschen davon zu überzeugen, dass die Sorgen nicht berechtigt seien und hierzulande alles anders laufen werde. Erst in letzter Sekunde zog auch Berlakovich zurück.
Die Debatte über Sinn und Unsinn der Biospritbeimischung ist seitdem nie ganz abgerissen. Denn je nachdem, welche Rohstoffe aus welchen Ländern bei der Produktion verarbeitet werden, verschlechtert sich die Ökobilanz der Biotreibstoffe teils dramatisch.
Ganz anders sei das bei Biosprit aus Österreich, versichert die Agrana. Das Unternehmen produziert Bioethanol großteils aus Futtergetreide-Überschüssen, die allerdings mitunter importiert werden müssen. Für eine Verdoppelung der Beimischung auf zehn Prozent sei man jedenfalls gut gerüstet. So erzeugt die Agrana heute mehr Biosprit, als mit E10 in Österreich gebraucht würde. 60 Prozent gehen aktuell aber in den Export, rechnet Agrana-Chef Johann Marihart vor. Damit verliere das Land auch jährlich 200.000 Tonnen an CO2-Einsparung.