Wir sind die Guten. Das Monster sitzt im Weißen Haus.
Kein US-amerikanischer Präsident vor ihm hatte ein so gewaltiges Kommunikationsproblem wie Donald Trump. Schuld daran ist gewiss nicht er allein.
Einer repräsentativen Umfrage zufolge sind 41 Prozent der Deutschen der Ansicht, dass Trump unter allen Politikern am meisten den Weltfrieden gefährde. Das ergab eine Befragung, die das Meinungsforschungsinstitut YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur (DPA) durchgeführt hatte. Im Trubel der Feiertage ging diese Nachricht leider etwas unter. Sie ist besonders interessant, weil das Institut Trump mit seinen übelsten Mitbewerbern verglich. Für den zweitgefährlichsten Mann halten die Deutschen Kim Jong-un (17 Prozent), gefolgt von Ali Khamenei (8), Wladimir Putin (8) und Xi Jinping (7).
Die größte Gefahr geht demnach also nicht von den mörderischen Machthabern in Nordkorea und im Iran aus, auch nicht von den global-hegemonial übermotivierten Staatschefs Russlands und Chinas, sondern von Donald Trump – dem Präsidenten der Vereinigten Staaten, denen Deutschland mehr als allen anderen Ländern Freiheit und Sicherheit verdankt.
Ich kenne keine vergleichbare Umfrage in Österreich, vermute aber, dass die Ergebnisse nicht wesentlich anders ausfallen würden. Die Exekution des iranischen Terrorchefs in Bagdad etwa wird hierzulande vorwiegend als krasser Verstoß gegen das Völkerrecht gewertet, während die von Soleimani koordinierten Raketenangriffe der proiranischen Milizen im Irak, in Syrien, im Libanon entweder überhaupt ignoriert, verharmlost oder als durchaus verständliche Reaktionen auf amerikanische Verbrechen relativiert werden. Man verfährt hier wie in Deutschland weiter nach der Methode der Schuldumkehr, die der Antiamerikanismus seit dem Vietnam-Krieg pflegt.
Natürlich hat Trump ein massives Kommunikationsproblem. Das hat er allerdings nicht mit den amerikanischen Bürgern, die ihm bei den Präsidentenwahlen im November mit hoher Wahrscheinlichkeit eine zweite Amtszeit genehmigen dürften. Sein Problem sind die globalen Eliten in Politik, Diplomatie und Medien, der „tiefe Staat“, die Besserwisser und Oberlehrer auf beiden Seiten des
Atlantiks. Deren Urteil war schon gefällt, bevor er ins Weiße Haus einzog. Donald Trump, sagte Hillary Clinton in ihrem missglückten Wahlkampf, sei der Anführer der „Bedauernswerten“, einer rassistischen, sexistischen, homophoben, islamophoben und xenophoben, ergo zutiefst „unamerikanischen“Wählerschaft. Er sei mental gestört und völlig unfähig, das Amt auszuüben. Damit beeindruckte die Kandidatin der Demokraten zwar nicht die Amerikaner, legte aber ein Image Trumps fest, das seit vier Jahren unaufhörlich kolportiert wird und sich als resistent erwies gegen jede faktenbasierte Falsifizierung.
In der jüngsten Iran-Krise hieß es zum Beispiel, Trump habe hastig und planlos reagiert, ohne die möglichen Folgen zu berücksichtigen. Indes hat sich gezeigt, dass die Tötung Soleimanis eben keinen „Flächenbrand“verursacht hat. Im Gegenteil, Teheran scheint das Signal verstanden zu haben und ist zurzeit, ungeachtet der kriegerischen Rhetorik, sehr darauf bedacht, den strategischen Realismus Trumps ernst zu nehmen und ihn nicht zu provozieren. Auch die proiranische Hisbollah wird sich vorläufig hüten, Israel anzugreifen. Ein Gegenschlag wäre vernichtend. Sogar einige arabische Staaten würden ihn klammheimlich begrüßen.
Die Bedingungen für den Abzug der US-Truppen, den Trump mittelfristig anstrebt, sind seit der Tötung Soleimanis günstiger geworden. Dass Amerika aufhören muss, die Rolle des Weltpolizisten zu spielen, und sich von den Verstrickungen im Nahen Osten befreien muss, ist eine Einsicht, die der gegenwärtige amerikanische Präsident seinen Vorgängern voraushat, die auf Demokratie-Export und Regimewechsel setzten. Es ist allerdings schwierig, den Rückzug zu organisieren, ohne ein Chaos zu hinterlassen, solang die iranischen Mullahs mit ihrem Revolutionsexport die Chancen einer Stabilisierung der Region hintertreiben.