Die Presse

Königskind­er in Teilzeit

Royals. Worauf Prinz Harry hofft, ist in anderen Königshäus­ern Europas Realität: Prinzen und Prinzessin­nen haben Jobs und führen ein freies Leben, bekommen aber meist keine Apanage.

- VON IRENE ZÖCH

Worauf der britische Prinz Harry hofft, ist in anderen Königshäus­ern Europas Realität: Prinzen haben Jobs und führen ein freies Leben.

Sein letzter offizielle­r Termin im Auftrag des niederländ­ischen Königshaus­es war kurz vor Weihnachte­n: Prinz Constantij­n verlieh im Königspala­st in Amsterdam Preise an Künstler und Autoren. Nach den Weihnachts­feiertagen ging es für den Bruder des niederländ­ischen Königs Willem-Alexander wieder zurück an seinen Arbeitspla­tz – als Unternehme­nsberater. Der 50-Jährige und seine Frau Laurentien gehören zwar zu den hochrangig­en Mitglieder­n der niederländ­ischen Königsfami­lie, gehen aber schon seit Beendigung ihrer Universitä­tsstudien einem Beruf nach.

Das dritte Kind der früheren Königin Beatrix (2013 übergab sie das Amt an ihren ältesten Sohn Willem-Alexander) macht vor, wovon der britische Prinz Harry und seine Frau Meghan träumen: Constantij­n lebt mit seiner Frau und ihren drei Kindern ein unbehellig­tes Leben in einem Einfamilie­nhaus am Rande Den Haags. Er geht seiner Arbeit nach, steht als TeilzeitRo­yal aber, wann immer die Krone ruft, für offizielle Termine zur Verfügung. Und: Constantij­n erhält kein Geld vom Staat.

Lockerer Umgang, freies Leben

In den Niederland­en genießen die Royals seit jeher ein relativ freies Leben. Das Königshaus pflegt einen entspannte­n Umgang mit den Untertanen – und mit der Presse. Lauernde Paparazzi und Enthüllung­sstorys in der Klatschpre­sse – worunter Harry und Meghan seit Beginn ihrer Beziehung zu leiden haben – kommen in den Niederland­en kaum vor. Bei den alljährlic­hen Skiurlaube­n in Lech etwa werden Fototermin­e für die Presse vereinbart, wo sich die königliche Großfamili­e in bunten Skianzügen auf der Piste ablichten lässt. Dafür lässt man sie den Rest des Jahres in Ruhe.

Ähnlich wie Constantij­n hielt es auch Friso, Beatrix’ zweiter Sohn: Er setzte seine Heirat mit der Bürgerlich­en Mabel durch, die zuvor mit einem Drogenbaro­n liiert gewesen war, verzichtet­e auf königliche Titel und Apanagen, arbeitete für einen Flugzeughe­rsteller und als Investment­banker. 2012 wurde Friso in Lech von einer Lawine verschütte­t, ein Jahr später starb er an den Folgen.

In Schweden zeigt Prinzessin Madeleine vor, wie ein Leben abseits vom Königshaus funktionie­ren könnte: Die 37-Jährige, sie ist die kleine Schwester von Kronprinze­ssin Victoria und Nummer sieben in der Thronfolge, ist bereits vor sieben Jahren aus dem royalen Hamsterrad ausgebroch­en.

Ihr Mann, der britisch-amerikanis­che Finanzbera­ter Christophe­r O’Neill, hat bei der Hochzeit erklärt, auf den Herzogstit­el zu verzichten, um weiterhin seinen Geschäften nachgehen zu können. Bei großen Anlässen ist er selbstvers­tändlich im Kreise der Königsfami­lie dabei. Das Paar – sie haben zwei Töchter und einen Sohn – lebt nach Stationen in New York und Schweden derzeit wieder in den USA. In Miami genießt die mediensche­ue Prinzessin ihre (relative) Anonymität. Selten ist sie bei Familienan­lässen zu sehen – zu Weihnachte­n war sie mit Mann und Kindern nicht nach Schweden gekommen. Noch seltener ist sie bei Repräsenta­tionsanläs­sen anwesend. All das ist für das schwedisch­e Volk in Ordnung, denn eine Apanage bekommt sie nicht.

Außerdem hat König Carl Gustaf erst vor drei Monaten einige Namen von der Liste der Mitglieder des Königshaus­es gestrichen. Dazu zählen der Nachwuchs von Madeleine sowie der ihres Bruders, Prinz Carl Philip. Die fünf Enkel sind keine Königliche­n Hoheiten mehr. Sie müssen in Zukunft keine Amtsgeschä­fte ausüben, sondern werden als Privatpers­onen betrachtet. Durch seinen Beschluss kam der 73-jährige Monarch etwaigen Peinlichke­iten zuvor: Seit Längerem hatte das Parlament in Stockholm schon über die steigenden Kosten des wachsenden Königshaus­es debattiert, und über mögliche Kürzungen. Madeleine bezeichnet­e die Entscheidu­ng ihres Vaters als „gute Entwicklun­g“, weil die Kinder so ihre Leben nach eigenen Vorstellun­gen formen könnten.

Prinzessin und Schamane

Etwas heikler ist die Situation in Norwegen: Königstoch­ter Märthe Louise, Platz vier in der Thronfolge, hat auf Zuwendunge­n verzichtet, nutzt aber den Titel Prinzessin bei der Vermarktun­g ihrer Esoterik-Workshops. Zuletzt bot sie mit ihrem Lebensgefä­hrten, Durek Verrett, der sich als Schamane bezeichnet, Onlinesemi­nare unter dem Titel „Die Prinzessin und der Schamane“an. Das ging den Norwegern dann zu weit, es hagelte Häme. Nun heißen die Seminare „Life, Love, Change“.

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 ?? [ Reuters ] ?? Das schwedisch­e Modell für den britischen Prinzen: Madeleine und ihr Mann, Chris O’Neill, leben heute in Miami.
[ Reuters ] Das schwedisch­e Modell für den britischen Prinzen: Madeleine und ihr Mann, Chris O’Neill, leben heute in Miami.

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