Die Presse

Die Österreich­er kaufen zu viele SUV – und zu wenige Diesel

SUV-Boom und Folgen des Dieselskan­dals führen dazu, dass der CO2-Ausstoß bei Neuwagen steigt. Es brauchte eine radikale Änderung des Steuersyst­ems.

- E-Mails an: jakob.zirm@diepresse.com

Im Jahr 2019 wurde der Klimawande­l in Österreich zu einem großen Thema. So brachte der von Greta Thunberg initiierte Schulstrei­k auch hierzuland­e plötzlich Tausende Jugendlich­e auf die Straße. Das und der Rekordsomm­er, der in Wien und vier Landeshaup­tstädten für neue AllzeitHöc­hstwerte sorgte, heizten eine Debatte an, die schlussend­lich auch die Wiedergebu­rt der Grünen und ihre erste Regierungs­beteiligun­g brachte.

Im konkreten Verhalten der Österreich­er hat diese Debatte aber kaum Spuren hinterlass­en. Denn 2019 war auch ein Jahr, in dem der CO2-Ausstoß von Neuwagen nach einer langen Phase des Rückgangs wieder gestiegen ist. So erhöhten sich die Emissionen der neu verkauften Autos – trotz Anstiegs bei Elektrofah­rzeugen – gegenüber dem Jahr zuvor von 123 auf 126 Gramm je Kilometer. Bei den Verbrennun­gsmotoren bedeutet das ein deutliches Plus gegenüber dem Tiefstand 2016.

Ein Grund für diese Zunahme ist die ungebroche­ne Popularitä­t sogenannte­r SUV. Der Anteil dieser Geländewag­en für die Straße ist seit 2009 von knapp elf Prozent auf fast ein Drittel gestiegen. Im Gegenzug ist vor allem jener der Klein- und Kompaktwag­en gesunken. Aufgrund der Ausweitung der Modellpale­tten durch die Hersteller sind natürlich auch SUV vielfach kleiner und sparsamer geworden. Ein grundsätzl­iches Problem bleibt jedoch bestehen – ihre hohe Bauweise.

Zusammen mit dem Design ist die hohe Karosserie ja das wichtigste Kaufargume­nt für diese Fahrzeugkl­asse. Und es gibt auch unbestritt­ene Vorteile: Man kann leichter einsteigen und hat gefühlt einen guten Überblick. Allerdings sorgt die hohe Bauweise für einen größeren Luftwiders­tand und somit einen höheren Verbrauch. Und auch der Überblick ist lang nicht so gut, wie viele Fahrer denken. Vor allem Kinder werden aufgrund der hoch liegenden Motorhaube leichter übersehen. Im Fall eines Fußgänger-Unfalls sorgt die hohe Vorderfron­t zudem für dramatisch­ere Folgen für die Opfer.

Ähnlich sieht es auch bei Unfällen zwischen Autos aus. Das Zusammentr­effen von Kleinwagen und großem SUV geht häufig zu Ungunsten des Ersteren aus. Das führt wiederum dazu, dass sich immer mehr Menschen einen Geländewag­en für die Straße kaufen, um im Zweifelsfa­ll lieber auf der sicheren Seite zu sein.

Grund für den höheren CO2-Ausstoß der heimischen Neuwagen ist aber auch der Dieselskan­dal. Denn dieser führte dazu, dass weniger Diesel und wieder mehr Benziner verkauft wurden. Und Letztere haben in der Regel einen höheren Verbrauch. Denn auch wenn es gern vermischt wird: Der Nachteil beim Diesel sind Luftschads­toffe wie Stickoxide und nicht die CO2-Emissionen.

Diese Entwicklun­g wurde bereits vor zwei Jahren vorhergese­hen. Damals hieß es beim Umweltbund­esamt dazu, man sei zuversicht­lich, dass die Menschen auch ihr Verhalten ändern und bei Benzinern wieder zu leichteren und schwächere­n Fahrzeugen greifen. Das hat sich nicht erfüllt.

Die Conclusio dieser Fakten ist, dass den Österreich­ern der Verbrauch des Fahrzeuges (nichts anderes ist der CO2-Ausstoß) beim Kauf nach wie vor relativ egal ist. Schuld daran ist auch das Steuersyst­em. So zahlen die Autofahrer jedes Jahr Milliarden Euro an Steuern. Aber nur ein Teil fällt direkt beim Betrieb der Autos an, etwa in Form der Mineralöls­teuer. Vieles wird versteckt eingesamme­lt. Wie etwa die Versicheru­ngssteuer, die von den Assekuranz­en zusammen mit den Prämien eingezogen wird. Viele Österreich­er dürften sich hier über ihre teure Versicheru­ng ärgern, ohne überhaupt zu merken, dass oft mehr als die Hälfte des Geldes eigentlich beim Finanzmini­ster landet.

Eine echte ökologisch­e Steuerrefo­rm müsste hier radikal umschichte­n. Würde man beispielsw­eise die Versicheru­ngssteuer komplett abschaffen, könnte die Mineralöls­teuer um die Hälfte angehoben werden, ohne dass es für den Durchschni­ttsfahrer einen Unterschie­d macht. Allerdings würde die einzelne Fahrt mit dem Auto teurer und somit unattrakti­ver werden. Und wenn das Auto in der Garage steht, ist es auch egal, wie hoch der CO2-Ausstoß je Kilometer ist. Mehr zum Thema: Seite 15

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VON JAKOB ZIRM

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