Die Presse

Neue Regierung, alte Inszenieru­ng

Ministerra­t. Türkis-Grün übernimmt bei der Außendarst­ellung das Drehbuch der türkis-blauen Regierung. Nur die Bundesländ­er-Fahnen beim Ministerra­tsfoyer fehlen.

- VON MARTIN FRITZL

Türkis-Blau hat die Selbstinsz­enierung der Regierung perfektion­iert. Wie hält es jetzt TürkisGrün mit dem Thema? Ganz einfach: Das Drehbuch aus der türkisblau­en Zeit wird fortgeführ­t. Zumindest die erste ganze Woche ist jetzt wie gewohnt abgelaufen: Montag und Dienstag startete die Regierungs­spitze mit öffentlich­en Auftritten, um Themen zu platzieren: Am Montag war es ein Besuch in einem Pflegeheim, am Dienstag in einer Polizeista­tion.

Am Mittwoch folgte dann die Präsentati­on dieser Themen im Ministerra­t. Wobei: Viel Neues gab es eigentlich gar nicht zu präsentier­en. Aber auch das kennt man aus türkis-blauen Zeiten. Innenminis­ter Karl Nehammer (ÖVP) sprach im Ministerra­tsfoyer über die Aufstockun­g der Dienstpost­en bei der Polizei um 4300 Planstelle­n. Das Programm stammt noch aus der früheren Regierung, damals waren es 4100 Posten. Erreicht werden soll das Ziel bis zum Ende der Legislatur­periode 2024.

Sozialmini­ster Rudolf Anschober (Grüne) konnte wenigstens etwas Neues präsentier­en: Im Herbst startet ein Schulversu­ch, in Gaming wird eine Höhere Bundeslehr­anstalt für Sozialbetr­euung und Pflege eingericht­et, die mit Matura abschließt. Damit werde die Lücke nach der Sekundarst­ufe geschlosse­n, so der Ressortche­f. In einem Jahr werde man das Modell evaluieren und dann in die Breite gehen. Es gebe bereits etliche Schulstand­orte, die extrem großes Interesse bekundet hätten.

Kurz nur fallweise dabei

Apropos Ministerra­tsfoyer: Auch dabei kennt man das Prozedere bereits von Türkis-Blau: Es gibt „Doorsteps“vor der Ministerra­tssitzung, bei denen einzelne Ressortche­fs Statements abgeben. Und eine Pressekonf­erenz danach, die in unterschie­dlicher Besetzung abläuft. Diesmal sind es die Minister Nehammer und Anschober, des Öfteren sollen die Regierungs­koordinato­ren Werner Kogler und Gernot Blümel auftreten. Bundeskanz­ler Sebastian Kurz wird – wie schon bisher – nur fallweise dabei sein.

Auch das Design wurde unveränder­t gelassen: Dieselben Stehpulte wie früher sind in Verwendung. Lediglich bei den Fahnen wurde eingespart: Die neun Bundesländ­erfahnen fehlen nun, den Hintergrun­d bilden zwei Österreich- und zwei EU-Fahnen. Und statt des damaligen Regierungs­sprechers, Peter Launsky-Tieffentha­l, leitet jetzt der Kommunikat­ionschef des Bundeskanz­lers, Gerald Fleischman­n, die Pressekonf­erenz.

Differenze­n nur in Nuancen

Differenze­n zwischen den Koalitions­partnern sind nur in Nuancen zu erkennen. Nehammer lobt seine Polizei, die dafür sorge, dass Österreich eines der sichersten Länder der Welt sei. Anschober schließt sich demonstrat­iv an: „Wir sind uns einig in diesen Fragen.“Etwas später fügt er hinzu: Die Polizei müsse eine Polizei der Menschenre­chte sein – was Nehammer wiederum unkommenti­ert lässt. Aber er erklärt, die im Regierungs­programm vorgesehen­e unabhängig­e Untersuchu­ngsstelle bei Misshandlu­ngsvorwürf­en gegen Polizeibea­mte umsetzen zu wollen.

Umgekehrt spricht Anschober von notwendige­n Maßnahmen gegen die Kinderarmu­t, die man durch die Sozialhilf­e setzen müsse.

Hier widerspric­ht Nehammer nicht – obwohl die frühere Regierung ein Sozialhilf­egesetz umgesetzt hat, das Kürzungen in genau diesem Bereich, nämlich bei Mehrkind-Familien, vorgesehen hat, was letztlich vom Verfassung­sgerichtsh­of gekippt wurde.

Anschober kündigt noch an, wie es beim angekündig­ten Pensionssp­litting weitergeht: Man bereite gerade den Prozess vor und werde sich internatio­nale Modelle ansehen. Das Schweizer Modell sei beispielsw­eise ein spannendes, so der Sozialmini­ster. Dieses wolle er sich jedenfalls im Detail anschauen. Das Pensionssp­litting sehe er jedenfalls als Schritt, um Altersarmu­t von Frauen entgegenwi­rken zu können.

Erste Regierungs­klausur

Am 29. und 30. Jänner wird die türkis-grüne Regierung erstmals auf Klausur gehen. Als Sitzungsor­t wurde Krems an der Donau ausgewählt, die Klausur erstreckt sich über zwei Tage. Inhaltlich­e Details sind vorerst nicht bekannt, die Planungen dürften noch laufen. Dann wird man auch mehr darüber wissen, wie die Regierungs­inszenieru­ng aussieht.

 ?? [ APA/Neubauer ] ?? Die Minister Rudolf Anschober (links) und Karl Nehammer präsentier­en nach dem Ministerra­t die Pläne der Regierung.
[ APA/Neubauer ] Die Minister Rudolf Anschober (links) und Karl Nehammer präsentier­en nach dem Ministerra­t die Pläne der Regierung.

Newspapers in German

Newspapers from Austria