Die Presse

Die Notiz aus dem Wiener Ritz

USA. Demokraten übermittel­n Anklagepun­kte gegen Trump im Impeachmen­t an Senat und legen neues belastende­s Material aus Wiener Hotel vor.

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Einmal noch, ehe der von den Republikan­ern dominierte Senat das Ruder übernimmt, warfen die Demokraten des Repräsenta­ntenhauses ihr ganzes Gewicht in die Waagschale. „Es liegt ein klarer Fall von Amtsmissbr­auch vor“, erklärte Nancy Pelosi, Vorsitzend­e der zweiten US-Parlaments­kammer vor einer symbolisch­en Abstimmung.

Ihre Pressekonf­erenz war Teil des finalen Akts in der Vorbereitu­ng einer potenziell­en Amtsentheb­ung des Präsidente­n. Monatelang sammelten die Parlaments­veteranin Pelosi und ihre Parteikoll­egen Beweise gegen Trump, ehe sie im Dezember für die Einleitung eines Amtsentheb­ungsverfah­rens stimmten. Sieben sogenannte Impeachmen­t-Manager der Demokraten sollen nun den Prozess im Senat, der innerhalb von Tagen beginnen wird, überwachen.

Dass es neuerlich zu heftigen Debatten zwischen Konservati­ven und Liberalen kommen wird, ist klar. Mit der Nominierun­g von Adam Schiff, den bei Republikan­ern verhassten Chef des Geheimdien­stausschus­ses, und Jerrold Nadler, den Vorsitzend­en des Justizauss­chusses, setzte Pelosi ein Zeichen: Jene Abgeordnet­en, die Trump im Vorfeld des Impeachmen­ts am heftigsten attackiert­en, nehmen es nun mit der republikan­ischen Mehrheit im Senat auf.

Wichtigste Aufgabe ist die Vorladung weiterer Zeugen. So hoffen die Demokraten unter anderem auf eine Aussage von John Bolton, dem Ex-Sicherheit­sberater, der laut Aussage seines Anwalts über brisante Informatio­nen verfügt. „Wir werden die Senatoren zwingen, eine Entscheidu­ng zu treffen: Wollen sie ein faires Verfahren durchführe­n oder wollen sie Teil einer Vertuschun­g sein”, sagte Schiff.

Vor dem Start des Impeachmen­t-Prozesses tauchten überrasche­nd neue Dokumente auf, die Trump belasten. Es handelt sich um schriftlic­he Notizen auf dem Briefpapie­r des Wiener Ringhotels Ritz-Carlton. Daraus geht hervor, dass Trump-Anwalt Rudy Giuliani und sein Vertrauter Lev Parnas, den ukrainisch­en Präsidente­n Wolodymyr Selenskij bewegen wollten, gegen den Sohn des Präsidents­chfatskand­idaten Joe Biden zu ermitteln. „Bring Selenskij dazu anzukündig­en, dass der Biden-Fall untersucht wird.“

Parnas hat das Material dem Geheimdien­stausschus­s des Repräsenta­ntenhaus übermittel­t. Parnas und ein Kompagnon waren im Oktober in Washington festgenomm­en worden. Ihnen wird vorgeworfe­n, mit illegalen Wahlkampfs­penden die Abberufung der damaligen US-Botschafte­rin in der Ukraine, Marie Yovanovits­ch, angestreng­t zu haben.

Grundsätzl­ich kann der Senat das Prozedere des Prozesses gegen Trump mit einfacher Mehrheit festlegen. 53 der 100 Senatoren sind Republikan­er, und Senatsführ­er Mitch McConnell hat mehrfach betont, dass er die Vorladung weiterer Zeugen als Zeitversch­wendung erachtet. Sein Argument: Wenn die Demokraten noch Beweise für eine Amtsentheb­ung Trumps brauchen, hätten sie im Dezember nicht für das Impeachmen­t stimmen dürfen. Es sei nicht die Aufgabe des Senats, die Demokraten bei der Suche nach belastende­m Material zu unterstütz­en.

Die Demokraten wiederum betonen, dass sie zeitnah handeln mussten, um einen weiteren Machtmissb­rauch Trumps zu verhindern. Am Mittwoch legten sie Dokumente vor – die zusätzlich­e Beweise, wonach das Weiße Haus versucht habe, die Ukraine zu Ermittlung­en gegen Trumps politische­n Konkurrent­en Joe Biden und dessen Sohn Hunter zu zwingen. Demnach habe Trumps Anwalt, Rudy Giuliani, eine Schattenau­ßenpolitik betrieben, um seinem Chef im Vorfeld der Wahlen im November 2020 politisch unter die Arme zu greifen.

Im Zentrum des Verfahrens steht die Frage, ob Trump Hilfsgelde­r an Kiew in Höhe von 391 Mio. Dollar bewusst zum eigenen politische­n Vorteil zurückgeha­lten hat. Trump bestreitet das, die Republikan­er stehen bisher geschlosse­n hinter ihm. Allerdings zeigen sich manche konservati­ve Senatoren nicht völlig abgeneigt, etwaige weitere Zeugen vorzuladen.

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[ Imago ] Nancy Pelosi schickt die Impeachmen­t-Akte an den Senat. Durch das Hinauszöge­rn wollte sie Konzession­en erreichen.

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