Die Presse

Kriegsgefa­hr in Nahost treibt Mittleren Westen um

US-Demokraten. Trumps Außenpolit­ik dominiert die Debatte. Joe Biden versucht, seine Expertise auszuspiel­en.

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Im Mittleren Westen der USA sind auf einmal der Nahe Osten und die Kriegsgefa­hr das große Gesprächst­hema. Die Liquidieru­ng Qasem Soleimanis, der grauen Eminenz des Regimes in Teheran, und die Krise mit dem Iran haben die Außenpolit­ik Donald Trumps schlagarti­g auf die Wahlkampf-Agenda gesetzt.

Bei einer Kundgebung in Wisconsin – jenem Bundesstaa­t, der ihm vor vier Jahren zum Wahltriump­h verholfen hatte –, posaunte der US-Präsident seinen jüngsten

Erfolg hinaus: die Eliminieru­ng des „Nummer-eins-Terroriste­n“, des „Hurensohns“, wie er Soleimani vor einem johlenden Publikum beschimpft­e. Trump ist längst im Wahlkampfm­odus, und regelmäßig absolviert er große Auftritte in den wahlentsch­eidenden Swing States von Wisconsin bis Florida.

Seine Großkundge­bung in Milwaukee in der Nacht auf Mittwoch fiel nicht zufällig mit der letzten TV-Debatte der Demokraten vor der ersten Vorwahl in Des Moines in Iowa in zweieinhal­b Wochen zusammen. Vier Kandidaten liegen hier beinahe gleichauf, und Trumps besonderes Augenmerk gilt dabei Joe Biden und Bernie Sanders – jenen Rivalen, die unterschie­dlicher nicht sein könnten.

Biden, Ex-Vizepräsid­ent und Mann des Washington­er Establishm­ents, spielt seine außenpolit­ische Expertise aus. Als langjährig­er Vorsitzend­er des außenpolit­ischen Ausschusse­s des Senats und als Barack Obamas Sonderbeau­ftragter für Irak und Afghanista­n kanzelte er Trumps riskante Außenpolit­ik als „gefährlich inkompeten­t und impulsiv“ab. Im Iran-Konflikt warf er ihm Lügen vor, eine Eskalation durch die Aufkündigu­ng des Atompakts und eine Isolierung der USA. Seine Botschaft: Er sei vom ersten Tag an bereit für die Herausford­erungen des Präsidente­namts, als Oberbefehl­shaber brauche er kein „Job-Training“.

Bernie Sanders, seit dem Vietnamkri­eg ein überzeugte­r Pazifist, feuerte eine Breitseite ab, die sowohl Trump als auch Biden traf. Trump werde die USA in Nahost in einen Krieg hineinzieh­en, der schlimmer sein könnte als der Irak-Krieg. Zugleich monierte er Bidens Zustimmung für den Irak-Krieg 2003 unter George W. Bush – eine Wegscheide bei den Demokraten. Biden entgegnete, er habe seinen Fehler als Vizepräsid­ent korrigiert.

Robert Gates, der republikan­ische Verteidigu­ngsministe­r, der auch noch unter Obama gedient hatte, hat in seinen Memoiren ein vernichten­des Urteil über Biden gefällt: Biden sei „in fast jeder großen außen- und sicherheit­spolitisch­en Frage der vergangene­n vier Jahrzehnte falschgele­gen“.

In der Kontrovers­e ging Pete Buttigieg unter. Der 37-jährige Bürgermeis­ter von South Bend, der aus dem Mittleren Westen stammt und Arabisch spricht, hatte sich als Offizier freiwillig für einen Afghanista­n-Einsatz gemeldet. Er rühmt sich seiner Erfahrunge­n als Soldat.

Biden war lachender Dritter, als es zum zwangsläuf­igen Showdown zwischen Sanders und Elizabeth Warren kam, den befreundet­en Exponenten des linksliber­alen Flügels – ein Fight zwischen „Mom und Dad“, wie ein Anhänger sagte. Sanders schickt seine Wahlhelfer in Iowa aus, um Warren als „elitär und abgehoben“zu porträtier­en. Warren stürzte sich allerdings auf eine Aussage in einem Vier-AugenGespr­äch, die Sanders dementiert: Eine Frau habe keine Chance, die Präsidents­chaft zu erringen.

Mit ihrer Attacke gegen Sanders zog sie nicht nur Frauen und Feministin­nen auf ihre Seite, sondern just auch Donald Trump: „Eine Frau kann die Präsidents­chaft gewinnen. Es könnte passieren. Wer weiß.“Um zuletzt auch Sanders in Schutz zu nehmen. Beide wären seine Wunschgegn­er.

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