Die Presse

Private Daten bleiben privat

Gutachten. EuGH-Generalanw­alt spricht sich gegen Speicherun­g von Telefon- und Internetda­ten auf Vorrat aus.

-

Die Speicherun­g personenbe­zogener Telefon- und Internetda­ten auf Vorrat ist und bleibt EU-rechtswidr­ig – diese Ansicht vertritt ein Generalanw­alt des Europäisch­en Gerichtsho­fs (EuGH) in einem am Mittwoch veröffentl­ichten Gutachten. Stein des Anstoßes ist ein EuGH-Urteil aus dem Jahr 2016, dem zufolge die anlasslose Speicherun­g der Verbindung­sdaten nicht mit EU-Recht vereinbar ist. Seither haben drei Unionsmitg­lieder – Frankreich, Belgien und Großbritan­nien – Regelungen zur Datenspeic­herung erlassen. Gerichte aus diesen Ländern hatten in Folge den EuGH gefragt, ob die EU-Regeln auch im Kampf gegen Terror angewendet werden müssten.

Die Antwort des Generalanw­alts Manuel Campos Sanchez-´Bordona fällt relativ eindeutig aus. Zunächst einmal stellt er fest, dass die EU-Vorschrift­en auch dann zu gelten haben, wenn die Vorratsdat­enspeicher­ung mit der nationalen Sicherheit begründet wird. Die EU-Datenschut­zrichtlini­e greift demnach nur dann nicht, wenn die Tätigkeite­n zum Schutz der nationalen Sicherheit mit behördlich­en Mitteln durchgefüh­rt werden. Soll heißen: Saugen die nationalen Behörden die Daten in Eigenregie ab – etwa indem ihre Nachrichte­ndienste die Netzwerke der Betreiber anzapfen –, dann geschieht dies außerhalb der Reichweite der EU-Gesetzgebu­ng. In dem Moment, in dem ein Staat Firmen und unbescholt­ene Privatpers­onen zur Mitarbeit vergattert, indem er sie zur Speicherun­g aller Daten verpflicht­et, verletzt er jenen Teil des Unionsrech­ts, der den Schutz der Privatsphä­re garantiert.

Sind Ausnahmen von dieser engen Auslegung des Persönlich­keitsschut­zes möglich? „In bestimmten, durch eine unmittelba­r bevorstehe­nde Bedrohung oder eine außergewöh­nliche Gefahr gekennzeic­hneten Ausnahmesi­tuationen“ist die Datenspeic­herung laut Campos Sanchez-´Bordona zulässig – vorausgese­tzt, die Sicherheit­slage sei so gravierend, dass im betroffene­n Mitgliedst­aat der Notstand ausgerufen werden müsse. Und selbst in einem derart drastische­n Fall könne eine allgemeine Pflicht zur Vorratsdat­enspeicher­ung nur „für einen begrenzten Zeitraum und mit den entspreche­nden Rechtsschu­tzgarantie­n“verhängt werden.

In Österreich wurde die flächendec­kende Vorratsdat­enspeicher­ung bereits 2012 gerichtlic­h gekippt. Stattdesse­n gibt es die sogenannte Anlassdate­nspeicheru­ng – die Speicherun­g der Daten einzelner Kunden auf Anordnung der Staatsanwa­ltschaft. (ag./la)

Newspapers in German

Newspapers from Austria