Die Presse

Blümel will mehr – ein Parteitag als Wahlkampfa­uftakt

Die ÖVP Wien wird am 29. Februar Finanzmini­ster Gernot Blümel als Parteichef bestätigen – im türkisen Hoffnungsg­ebiet Wien Donaustadt. Türkise Messlatte: 20 Prozent und Platz zwei bei der Wien-Wahl.

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Am 29. Februar ist nicht nur ein Schalttag, sondern auch der Parteitag der ÖVP Wien. Dabei wird sich Finanzmini­ster Gernot

der Wiederwahl zum Wiener ÖVPChef stellen. Dass das Ergebnis mit einer satten Mehrheit für Blümel endet, daran ist aus heutiger Sicht nicht zu zweifeln. Nach der Übernahme der am Boden liegenden Wiener ÖVP kam er beim Parteitag der ÖVP Wien im Oktober 2015 auf 95,7 Prozent. Das war nach den eingeleite­ten schmerzhaf­ten Reformen und dem traditione­llen Sesselsäge­n in der kleinen Partei ein überrasche­nd hoher Wert. Seitdem hat Blümel der ÖVP Wien neues Selbstvert­rauen eingeimpft und sie in Umfragen auf bis zu 20 Prozent geführt.

Zur Erinnerung: Bei der WienWahl 2015 erreichten die damals noch Stadt-Schwarzen 9,24 Prozent und wurden erstmals in ihrer Geschichte bei einem Wien-Wahlergebn­is einstellig.

Heute treten die Türkisen in Wien aber mit entspreche­ndem Selbstvert­rauen auf. Auch, weil sie unter Sebastian zu dessen engsten Vertrauten Blümel zählt, Erfolge einfuhr, die bis dahin unvorstell­bar waren. Deshalb ist es kein Zufall, dass der ÖVPParteit­ag in der Donaustadt stattfinde­t. Jahrzehnte­lang galt der Flächenbez­irk als hartes Pflaster für die ÖVP. SPÖ und Freiheitli­che lieferten sich dort einen erbitterte­n Kampf um die Vorherrsch­aft, die ÖVP (wie auch die Grünen) wurde zwischen den beiden Blöcken regelmäßig zerrieben.

Mit dem migrations­kritischen Kurs von Kurz und Blümel konnte die ÖVP Wien in den bevölkerun­gsreichen Flächenbez­irken Erfolge feiern, wie sie bis dahin unvorstell­bar waren. So legte die ÖVP bei der Nationalra­tswahl 2017 um 7,10 Prozentpun­kte zu, bei der Neuwahl 2019 nochmals um drei Prozentpun­kte. Mit 24,6 Prozent liegt die SPÖ (27,1 Prozent) für die Türkisen wieder in Reichweite wie in der Ära Wolfgang Schüssel. Als Grund für die starken Stimmengew­inne hatte der Politologe Peter nach der Nationalra­tswahl den Zuzug Junger genannt – diese würden sich mit der türkisen Familienpo­litik identifizi­eren, hatte die ÖVP-Nationalra­tsabgeordn­ete Gudrun ergänzt. Aber auch die migrations­kritische Linie unter Kurz dürfte entspreche­nd Stimmen von der FPÖ abgezogen haben, die nach der Ibiza- und Spesenaffä­re rund um Ex-FPÖ-Parteichef HeinzChris­tian und dem Wiener FPÖ-Chef Johann schwer unter Druck kam. Dazu kommt: Um potenziell­e ÖVP-Wähler besser zu erreichen, wurde in der Donaustadt ein eigenes ÖVP-Büro eröffnet. Das zeigt die neue Linie: Man fokussiert in Wien auf den Mittelstan­d. Und davon gibt es gerade in Transdanub­iens massiv ausgebaute­n Genossensc­haftswohna­nlagen immer mehr.

Nun wird das türkise Hoffnungsg­ebiet jenseits der Donau für die Wien-Wahl ebenfalls speziell beackert; der Parteitag mit der Kür Blümels kann dafür als Signal gesehen werden. Immerhin hat diese Taktik für die Nationalra­tswahlen sehr gut funktionie­rt, wieso sollte sie gerade bei der Wien-Wahl nicht funktionie­ren, so türkise Überlegung­en.

Die Erfolge bringen Blümel aber unter Druck. Denn die 9,24 Prozent von 2015 sind nicht die Messlatte, die liegt bei Platz zwei bei der Wien-Wahl.

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