Handelskrieg: Die Waffen ruhen, die Tarife bleiben
Handel. Mit dem Deal zwischen den USA und China wird eine weitere Eskalation abgewendet. Doch fundamentale Meinungsunterschiede bleiben bestehen, ebenso wie der Großteil der Zölle.
Wer glaubt, dass mit dem am Mittwoch unterzeichneten Handelsdeal zwischen den USA und China der Handelskonflikt zwischen den beiden weltgrößten Volkswirtschaften endgültig gelöst ist, hat sich getäuscht. Das zeigt ein Blick auf die Details der Vereinbarung.
Das Herzstück des sogenannten Phase-eins-Deals ist das Versprechen Pekings, künftig deutlich mehr Waren aus den USA zu importieren. Von zusätzlichen Lieferungen in Höhe von 200 Mrd. Dollar über einen Zeitraum von zwei Jahren ist die Rede. Freilich: Ob dieser Wert tatsächlich erreicht wird, bleibt abzuwarten. Bereits im Vorfeld der Unterzeichnung äußerten Ökonomen ihre Zweifel.
So importierte China 2018 Waren im Wert von 120 Mrd. Dollar aus den USA. Im Jahr davor, das im Handelsdeal als Bezugswert angeführt wird, waren es rund 130 Mrd. Dollar. Eine Erhöhung um jährlich 100 Mrd. Dollar pro Jahr bedeutet ein Plus von drei Viertel. Eine derartige Verschiebung der internationalen Handelsströme in kurzer Zeit mag möglich sein. Einfach ist es aber nicht. Eine Option, die Zahlen leichter zu erreichen, wäre die Einbeziehung von Importen von Dienstleistungen. Der Vergleichswert von 2017 läge bei 186 Mrd. Dollar, es wäre immer noch ein Plus von mehr als 50 Prozent nötig.
Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass mehrere Missverständnisse bestehen bleiben. So vermeldete die staatliche Agentur Xinhua, dass die „USA ihre Verpflichtung erfüllen werden, die Sondertarife auf chinesische Produkte schrittweise zu reduzieren“. Auf US-Seite ist davon bislang keine Rede. Einzig eine fast schon symbolische Reduktion ist in dem Abkommen zu finden.
Laut dem von US-Präsident Donald Trump und Chinas Vizepremier Liu He unterzeichneten Deal garantieren die USA lediglich eine Kürzung von Zöllen auf Waren im Wert von 120 Mrd. Dollar, und zwar von 15 auf 7,5 Prozent. Der Großteil der Tarife bleibt bestehen: 25 Prozent auf Lieferungen in der Höhe von rund 250 Mrd. Dollar pro Jahr. Zur Einordnung: Weiterhin werden mehr als die Hälfte aller chinesischen Importe mit einem gewaltigen Sonderzoll belegt, der bei Amtsantritt Trumps noch nicht bestand. Der Handelskrieg ist nicht gelöst, bloß die befürchtete Eskalation ist vorläufig ausgeblieben.
Entscheidend für das künftige Wirtschaftsverhältnis der beiden Nationen werden der Ausgang der US-Wahlen im November und die Zeit danach sein. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass es davor zu einem geplanten Phase-zwei-Deal kommt, der auch den Hauptstreitpunkt des erzwungenen Technologietransfers adressieren würde. Bleibt Trump Präsident, würde er womöglich eher eine Rezession riskieren, um China zu Eingeständnissen zu zwingen. Ein Wirtschaftseinbruch vor den Wahlen hätte hingegen seine Chancen auf eine weitere Amtszeit erheblich reduziert.
Trotzdem hat Trump angekündigt, weitere Verhandlungen schnell aufzunehmen. Er will zeitnah nach Peking reisen, um mit Chinas Präsidenten, Xi Jinping, zusammenzukommen. Auch hier könnte ein Missverständnis bestehen: Bis zuletzt weigerte sich China, ein geplantes Treffen zu bestätigen.