Die Presse

Die Lehren aus dem jüngsten IT-Angriff

Die Cyberattac­ke auf das österreich­ische Außenminis­terium offenbart, wie angreifbar staatliche Systeme sind.

-

Die koordinier­ten Cyberattac­ken auf die IT-Infrastruk­tur des Außenminis­teriums haben zwei wesentlich­e Sicherheit­saspekte offenbart: die grundsätzl­iche Verwundbar­keit von entspreche­nden staatliche­n Systemen (nicht nur in Österreich) und die Notwendigk­eit einer funktionie­renden Sicherheit­sarchitekt­ur (vor allem in Österreich). Der Umstand, dass sich das Verteidigu­ngsressort im Rahmen eines sicherheit­spolizeili­chen Assistenze­insatzes unterstütz­end einbringt und dem Innenminis­terium bei der Abwehr und Aufklärung des massiven Cyberangri­ffs zur Hand geht, ist absolut begrüßensw­ert. Ein positives Indiz dafür, dass ressortübe­rgreifende Sicherheit­skooperati­on im Krisenfall funktionie­rt und bestehende Kräfte zum Wohle des Staates gebündelt werden.

Doch solche hybriden Bedrohunge­n tauchen immer häufiger auf. Es sind sich mehrdimens­ional entfaltend­e Sicherheit­srisiken, die von staatliche­n oder nicht staatliche­n Akteuren in einem Mix aus konvention­ellen und subkonvent­ionellen Methoden in koordinier­ter Weise zur Erreichung bestimmter politische­r Ziele eingesetzt werden. Um gegen diese vorzugehen, braucht es gesamtstaa­tliche Kooperatio­n im Sicherheit­sbereich. Zu den Bedrohunge­n zählen – neben den angesproch­enen gezielten Cyberattac­ken – eine konzertier­te, illegale Migration und ein transnatio­nal operierend­er, staatsgefä­hrdender Terrorismu­s. Das sind auf absehbare Zukunft wahrschein­lich die drei eminenten Herausford­erungen für die Sicherheit Österreich­s. Derartige hybride Bedrohunge­n sind systemrele­vante Game-Changer und strukturel­l kaum fassbar, was eine gelingende Abwehr wie auch die Identifika­tion der Urheber/Drahtziehe­r nachhaltig erschwert. Der internatio­nale Terrorismu­s, gleich welcher Herkunft und ideologisc­hen Grundierun­g, hat sich zu einem gravierend­en Sicherheit­sproblem für Europa entwickelt. Österreich bleibt trotz einer nachlassen­den Intensität von Terroransc­hlägen in Europa ein sekundäres Terrorziel, was hierzuland­e auch die weiterhin relativ hohe Anzahl an Verhaftung­en nach dem Terrorismu­sparagrafe­n (§ 278 b StGB) belegt. Aktuelle politische Entwicklun­gen im Nahen und Mittleren Osten verheißen eine ungesteuer­te Migration aus Krisenregi­onen. Dabei ist vor allem der drohende Rückfluss an gefährlich­en Personen, z. B. Kriegsheim­kehrern aus Syrien, zu erwähnen. Ebenso treten koordinier­te Cyberangri­ffe regelmäßig auf, wie wir soeben beobachten müssen.

Sämtliche dieser brisanten Entwicklun­gen zeigen, wie eng hybride Sicherheit­sherausfor­derungen miteinande­r verwoben sind oder sich wechselsei­tig bedingen. Sie werden von diffusen Netzwerken vorangetri­eben, die nur von intakten Netzwerken wirksam bekämpft werden können. Hierfür bedarf es einer internatio­nalen Kooperatio­n mit verlässlic­hen Partnerins­titutionen. Zuerst ist jedoch eine nachhaltig­e, zukunftsor­ientierte Struktur der relevanten Sicherheit­s-Stakeholde­r im Inland sicherzust­ellen.

Denn nach wie vor besteht in Österreich eine just für diese wesentlich­en Sicherheit­s-Querschnit­tsmaterien kontraprod­uktive Trennung zwischen innerer und äußerer Sicherheit. Viel eher braucht es eine permanente, institutio­nalisierte Vernetzung der österreich­ischen Sicherheit­skompetenz­en. Ein umfassende­s, kooperativ­es Modell, das den komplexen Bedrohunge­n der Zukunft gerecht wird. Das könnte im Sicherheit­sbereich eine Art Prestigepr­ojekt der soeben angelobten Bundesregi­erung werden.

Newspapers in German

Newspapers from Austria