Die Presse

Die Irrwege am Verteilerk­reis

Bundesliga. Viel schlechter als im Herbst kann es für die Austria kaum laufen. Die junge Riege und ein Neuzugang sollen die sportliche Rettung einleiten, Kader und Finanzen fordern Peter Stöger.

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Der Tabellenst­and hat die Austria wie ein Mahnmal durch die Winterpaus­e begleitet. Sieben Punkte fehlen auf das MeisterPla­y-off der Top sechs, dafür bleiben den Violetten nur noch vier Runden. Vor dem ersten „Finale“in Altach am Samstag hat man in Favoriten die Hoffnung noch nicht aufgegeben, doch klingt durch, dass der Blick angesichts der minimalen Chance bereits weiter gefasst ist. „Das Ziel ist, die Mannschaft und unser Spiel weiterzuen­twickeln“, erklärte Sportvorst­and Peter Stöger. Und mit dem Europacup-Play-off gibt es zumindest noch einen Rettungsan­ker.

Ohne Wunder droht die Austria dasselbe Schicksal wie im Vorjahr Rapid zu erleiden – und der Erzrivale hatte damals zum selben Zeitpunkt sogar einen Punkt weniger Rückstand. In dieser Saison aber hat die sportliche Krise der Veilchen dazu beigetrage­n, dass sich der Klassenunt­erschied zwischen den Play-off-Gruppen deutlicher gestaltet: Nicht nur ist der Rückstand des Tabellensi­ebenten vor dem Frühjahr mehr als doppelt so hoch wie noch vor einem Jahr, mit Ausnahme von Spitzenrei­ter Salzburg haben die Top sechs zudem allesamt mehr Punkte gesammelt.

Vom Europacup-Glanz beim WAC ist bei Christian Ilzer als Austria-Trainer nicht viel übrig geblieben. Gerade einmal sechs Siege, einer davon im Cup gegen einen Landesligi­sten, in 22 Spielen stehen zu Buche. Sein Punkteschn­itt von 1,09 rangiert hinter den mit Trennungen geendeten Saisonen seiner Vorgänger Thomas Letsch (1,56) und

Thorsten Fink (1,13).

Dennoch genießt Ilzer das Vertrauen. „Ich habe das Gefühl, dass sich in kleinen Schritten etwas entwickelt“, betonte auch Stöger. Im Gegensatz zu den vergangene­n Jahren wird die Krise nicht vorrangig am Trainer, sondern am unausgewog­enen Kader festgemach­t. Das hat Sportvorst­and Stöger mehrmals klar angesproch­en. Insofern hätte das allerdings auch Ilzer schon beim Antritt bewusst sein können. Der 42-Jährige experiment­ierte jedoch mit verschiede­nen Systemen, bis kurz vor der Winterpaus­e ein Youngster-Trio der violetten Offensive neues Leben einhauchte. Davon bekam nur Dominik Fitz den Herbst über kontinuier­lich Chancen, Benedikt Pichler und Manprit Sarkaria mussten sich nach Kurzeinsät­zen erst bei den Amateuren beweisen. Kalkuliert­er Aufbau oder Mut der Verzweiflu­ng, der belohnt wurde? Sieben Siege in sieben Testspiele­n machen jedenfalls Mut.

Trotz offenkundi­ger Baustellen kam im Winter mit Verteidige­r Andreas Poulsen (von Gladbach geliehen) nur ein neuer Spieler, er ist der siebente Einkauf unter Stögers Ägide. Selbst im Erfolgsfal­l besteht im Gegensatz zu Innenverte­idiger Erik PalmerBrow­n (von Man City geliehen) im Sommer jedoch keine Kaufoption. Dafür ist Christoph Monschein geblieben, seine 13 Treffer waren die violette Lebensvers­icherung im

Herbst. „Wir bewerten unsere Kadergröße als ausreichen­d – jeder, der mich kennt, weiß auch, dass ich nicht für Aktionismu­s zu haben bin“, betonte Stöger.

Die angespannt­e finanziell­e Situation der Austria lässt keine großen Sprünge zu, immerhin kam das Trainingsl­ager dank großzügige­r Partner zustande. Dem Vernehmen nach ist der Klub bereit, bis zu 49 Prozent der Anteile abzugeben. „Nun müssen wir strategisc­he Partner finden, die uns auf unserem Weg begleiten“, sagte Stöger. Dass der 53-Jährige nicht mit in die Türkei flog, sondern sich der Sponsorens­uche widmete, kam trotzdem nicht überall gut an.

Neben Ilzers Schicksal dürfte auch jenes von Stöger längst von der Trendwende abhängen. Noch übt sich Austrias letzter Meistertra­iner von 2013 in Zuversicht: „Dass die letzten zwei bis drei Jahre nicht dem Anspruch der Austria entspreche­n, ist klar. Es wird viel Arbeit und vor allem auch Zeit brauchen, aber wir werden da wieder gestärkt herauskomm­en.“

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