Die Presse

So wunderbar einfach spielt sich Mozart . . .

Friedrich Gulda. In den frühen Jahren seines Ruhms nahm der Wiener Pianist in Stuttgart Konzerte von Mozart bis Richard Strauss auf. Sie erschienen nach den Mitschnitt­en der Soloabende nun gesammelt auf CD.

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Was war nun das Geheimnis? Man weiß, es bleibt unsagbar; aber hören kann man es: Keiner hat Mozart gespielt wie Friedrich Gulda. Jüngst kam – als Ergänzung zu einer (mehrheitli­ch Beethoven gewidmeten Box mit Livemitsch­nitten von Soloauftri­tten des Pianisten) eine Sammlung von drei CDs auf den Markt, die Guldas Konzertauf­nahmen mit dem Stuttgarte­r Rundfunkor­chester dokumentie­ren.

Von 1959 bis 1962 war Gulda wiederholt beim SWR zu Gast, um nebst Beethovens Vierter, dem Werk, das die Eckpunkte seiner langen, wechselvol­len Karriere markierte, vor allem Mozart zu musizieren. Aber auch – eine Gulda-Rarität – das D-Dur-Konzert Joseph Haydns und die „Burleske“von Richard Strauss.

Die wiederum hat er in den ersten Jahren seiner Laufbahn des Öfteren gespielt und aufgenomme­n. Sie zeigt uns den Interprete­n aus einem etwas anderen Blickwinke­l als gewohnt. In der Regel darf ja behauptet werden, dass Gulda dem typischen Virtuosenr­epertoire eher aus dem Weg gegangen ist. Dort, wo haarsträub­ende technische

Schwierigk­eiten in die Auslage gestellt werden, sah er nie seinen Platz.

Wo sie verborgen bleiben, das große Publikum vorrangig kraftvolle Musik, oft hintergrün­dig-witzig abgezirkel­t, vernimmt, wusste er seine eminente Technik einzubring­en, ohne damit Schindlude­r zu treiben. Hans von Bülow hatte dem jungen Strauss die „Burleske“empört zurückgewo­rfen. Er werde wegen eines Rotzbuben nicht wieder anfangen, Klavier zu üben.

Gulda war sich seiner Meistersch­aft bewusst, spielte selbst die äußersten Vertrackth­eiten mit einer Selbstvers­tändlichke­it, dass der Hörer wirklich nur die musikalisc­hen Pointen vernimmt. Der pianistisc­hen Mühe, die dahinterst­eckt, wird er nicht gewahr.

Rundum drei Mozart-Konzerte, die wie die D-Dur-Sonate, KV 576, in der früher erschienen­en Box mit den Stuttgarte­r Solo-Recitals Dokument einer Spielkultu­r darstellen, wie sie schon zu Guldas Zeiten kaum noch existierte. Vor allem die Konzerte KV 448 und 449, von Hans Rosbaud dirigiert, demonstrie­ren ideal den ganz speziellen Zugang des Pianisten zur Musik seines Hausgottes: Vom viel zitierten Zuckerguss älterer Mozart-Verzärtelu­ngen ist bei ihm so wenig zu verspüren wie von der Holzhammer-Attitüde der Originalkl­ang-Vorkämpfer.

Gulda spielt mit der ihm eigenen rhythmisch­en Akkuratess­e und einem singulären Gefühl für kaum merkliche, aber lebendige agogische Nuancen – inwendig, sozusagen. Nach außen bleiben die Linien klar, beinah trocken, jedenfalls ohne jeden spürbaren Nachdruck. Ganz einfach, möchte man meinen – gerade deshalb bis heute unerreicht.

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