Der beste Rezeptionist
Nikola Farkas aus dem Sacher ist der weltbeste Rezeptionist.
Ob es der Napf für den Hund ist, der schon am Zimmer bereitsteht, oder die eigens im Hotel hinterlegte Matratze schon getauscht wurde – Nikola Farkas kennt die Wünsche seiner Gäste, oft schon bevor sie überhaupt im Hotel Sacher einchecken. Es ist diese zuvorkommende Art, die eine siebenköpfige Jury vergangenen Samstag überzeugt hat, Farkas zum weltbesten Rezeptionisten des Jahres zu küren.
Er ist der erste Österreicher, der sich die renommierte David Campbell Trophy, benannt nach einem legendären Rezeptionisten des Ritz in Paris, geholt hat – und das mit erst 22 Jahren. „Unter den Allerbesten der Welt herausgefiltert zu werden ist schon eine große Ehre“, sagt Farkas zur „Presse“. Bereits im November gewann er die österreichische Vorentscheidung, in Warschau setzte er sich am vergangenen Samstag dann gegen 14 Kollegen aus dem Spitzenhotelsegment durch. Vorbereitet hat er sich auf den Wissenstest und das Rollenspiel praktisch nicht, sagt Farkas: „Die tägliche Arbeit an der Rezeption hat mich gut geschult.“
Seit bald zwei Jahren kümmert sich der Niederösterreicher um die Bedürfnisse der Gäste des Wiener Traditionshotels. Zumindest um jene, die im Haus erfüllt werden können. Wenn es um eine Wien-Führung oder Konzerttickets geht, ist der Concierge zuständig. „Den Unterschied habe ich auch meiner Familie erklären müssen“, schmunzelt Farkas. Wobei er schon auch einmal mitgeholfen habe, zehn Minuten vor Vorstellungsbeginn noch Opernkarten zu organisieren.
Das Engagement im Hotel Sacher war nach einigen Pflichtpraktika seine erste Fixanstellung. Er habe weniger mit Erfahrung, sondern mit seiner Persönlichkeit beim Vorstellungsgespräch gepunktet. „Das Sacher ist sehr familiär, da habe ich gut hineingepasst.“Was zähle, sei, mit Herz zu agieren und die Gäste zu verstehen. Das müsse aber nicht zwingend in deren Sprache sein, sagt Farkas, der Englisch und Italienisch beherrscht. „Und wenn Franzosen kommen, dann hoffe ich, dass sie Englisch können.“
Zivildienst als Schule
Nicht nur die Tourismusschule in Wien Hietzing habe ihn für seine Aufgaben geschult. Seit seinem Zivildienst ist Farkas viermal monatlich im Rettungswagen als Sanitäter bei den Johannitern unterwegs. „Da gibt es schon Parallelen zur Arbeit im Sacher.“Auch hier stehe das Menschliche im Vordergrund, sagt er. „Was man da erlebt, das prägt sich ein. Jetzt kann ich die Gefühle der Gäste noch besser verstehen und ruhig bleiben.“
Denn seine eigenen Emotionen müsse er stets hintanstellen. „Jeder hat einmal einen Tag, an dem es ihm besser oder schlechter geht. Das haben wir alle gelernt, das lassen wir unten im Pausenraum raus.“Der Gast selbst bekomme davon nie etwas mit. „Der kennt uns nur mit einem Lächeln“, sagt Farkas. „Mit einem ernst gemeinten,“beeilt er sich hinzuzufügen.
Man merkt, dass ihm das ehrliche Lächeln nicht schwerfällt. Dabei war er lange im Zwiespalt, ob Tourismus wirklich der richtige Weg sei. „Ich liebe Musicals.“Schauspieler zu sein sei sein zweiter großer Traum gewesen. Aufgrund der vielen Perspektiven habe er sich dann aber doch für die Hotellerie entschieden. Bereuen würde er diesen Schritt nach wie vor nicht. „Was man hier für Aufstiegschancen hat in der Welt, ist grandios. Es ist eine Branche, die nie ausstirbt.“
Nach London ins Ritz
Farkas hat Ambitionen, auch das merkt man. „Ich würde lügen, wenn ich behauptete, dass ich keine internationalen Erfahrungen sammeln will.“London schwebt ihm vor, in einem ähnlich prestigeträchtigen Hotel wie dem Sacher. „Das Ritz wäre schon toll.“Im Moment sei er aber glücklich im Sacher. Schließlich gebe es hier auch eine Menge Aufstiegschancen. „Mein nächstes Ziel ist der Front-Office-Supervisor.“Und die Torte sei schließlich auch nicht zu verachten. Alle zwei Wochen, gibt er zu, holt sich Farkas einen Sacherwürfel. „Schließlich möchte ich es weiterhin genießen.“
Genießen wird er auch das Jahr als weltbester Rezeptionist. Er möchte es nützen, um seinem Beruf „ein wenig mehr Anerkennung“zu verschaffen. Die goldene Trophäe kommt in sein Schlafzimmer. Bis er sie an den Sieger des nächsten Jahres weitergeben muss. Denn die Auszeichnung für den Weltmeister ist ein Wanderpokal.