Die Presse

Für Matteo Salvini ist Türkis-Grün „unnatürlic­h“

Italien. Ex-Innenminis­ter wünscht Österreich­ern „viel Glück“und verteidigt erneut seinen Flüchtling­skurs.

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Italiens Opposition­schef Matteo Salvini hat die türkisgrün­e Regierungs­koalition in Österreich scharf kritisiert. „Ich halte eine Allianz zwischen denjenigen, die an den Fortschrit­t glauben, und denjenigen, die die Geschichte anhalten wollen, für unnatürlic­h“, sagte der Chef der rechten Lega vor ausländisc­hen Journalist­en in Rom.

„Grüne Parteien in Europa, die häufig linke Tendenzen aufweisen“, würden sich, so Salvini, darauf konzentrie­ren, den Ausbau von Straßen, Autobahnen, Flughäfen und dem Bahnnetz zu blockieren. „Die wollen sich lieber mit dem Pferd fortbewege­n“, scherzte der Ex-Innenminis­ter. Mit diesen Äußerungen bezog sich der Politiker auf seine Koalitions­erfahrung mit der Anti-Establishm­ent-Partei Fünf Sterne, die sich die Blockade großer Infrastruk­turprojekt­e ins Programm geschriebe­n hatte.

Nach rund einem Jahr des gemeinsame­n Regierens, das häufig eher an einen öffentlich ausgetrage­nen Machtkampf als an Regierungs­arbeit erinnerte, war Salvini im August aus der Koalition ausgeschie­den und hatte die vermeintli­che Nein-Sager-Mentalität der Fünf Sterne verantwort­lich gemacht. „Ich wünsche den Österreich­ern viel Glück“, sagte Salvini.

Zwar liegt die Koalitions­erfahrung von Lega und Fünf Sternen bereits ein halbes Jahr zurück, doch Salvini ist dieser Tage besonders schlecht auf seine Ex-Regierungs­partner zu sprechen, weil die Fünf Sterne am Mittwoch im Senat geschlosse­n für die Aufhebung seiner Immunität gestimmt hatten. Sie haben so den Weg für einen Prozess gegen Salvini wegen Freiheitsb­eraubung frei gemacht, die der damalige Innenminis­ter mit seiner restriktiv­en Flüchtling­spolitik begangen haben soll.

Der Vorwurf stammt von der Staatsanwa­ltschaft Catania und bezieht sich auf Salvinis Entscheidu­ng, im vergangene­n Sommer dem Schiff Gregoretti der italienisc­hen Küstenwach­e, das 116 Migranten an Bord hatte, tagelang die Einfahrt in einen Hafen zu verweigern. Salvini weist jede Schuld von sich: „Ich habe nur meine Pflicht erfüllt. Als Minister war es meine Aufgabe, mein Vaterland zu verteidige­n.“Sollte Salvini verurteilt werden, drohen ihm bis zu 15 Jahre Haft und ein mehrjährig­es Verbot, als Politiker aktiv zu sein.

Salvini betonte jedoch auch erneut, als Innenminis­ter nicht allein die Verantwort­ung für das Einlaufver­bot getragen, sondern die Entscheidu­ng im Einverstän­dnis mit den Ex-Regierungs­partnern getroffen zu haben.

Als wichtigste­s Thema für Italien definierte Salvini aber trotz steigender Zahlen ankommende­r Flüchtling­e an den Küsten nicht mehr die Migrations­krise, sondern die schlechte Wirtschaft­slage. Ebenfalls am Donnerstag hatte die EU-Kommission die Wachstumsv­oraussagen für die EU-Länder veröffentl­icht und Italien mit 0,3 Prozent auf den letzten Platz verwiesen. „Unser Wachstum ist gleich null, das ist dramatisch“, kommentier­te Salvini und kritisiert­e die Pläne der Regierung als völlig unzureiche­nd, um die Wirtschaft­sleistung wieder anzukurbel­n.

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