Die Presse

„Hab’s getan“: Jugendlich­er gesteht Bluttat

Gericht. Er tötete eine Siebenjähr­ige – nun stand Robert K. erneut vor Gericht. Dabei wurde ein neues Gutachten präsentier­t.

- VON MANFRED SEEH

Er hat sich kaum verändert. Weißes, über den Hosenbund hängendes Hemd, schwarze Jeans, schwarze Sportschuh­e. So gekleidet wie beim ersten Prozess sitzt Robert K. am Montag erneut vor den Geschworen­en. Nur, dass der schlanke Jugendlich­e diesmal unentwegt mit den Beinen wippt. Sein Vater habe ihn schon oft deshalb ermahnt, sagt er entschuldi­gend. Und richtet sich seine Brille.

K. wird am Freitag 18 Jahre alt. Am 11. Mai 2018, damals war er 16, hatte ihn das nebenan wohnende Mädchen besucht. Die siebenjähr­ige Hadishat. Robert K. brachte dem Kind ein Eis. Dann wandte er sich wieder seinen Computersp­ielen zu. Auf einmal legte er die Spielkonso­le beiseite und würgte das Kind. Dann trug er Hadishat in die Duschkabin­e der elterliche­n Gemeindeba­uwohnung und schnitt ihr die Kehle durch. „Ich hab’s getan. Ich gebe es zu.“Klarer als beim ersten Prozess beantworte­t K. diesmal die Frage nach der Täterschaf­t.

Großaufgeb­ot der Gutachter

Kurzer Rückblick: Im Dezember 2018 ist K. wegen Mordes zu 13 Jahren Gefängnis verurteilt worden. Außerdem wurde er wegen einer schizoiden Persönlich­keitsstöru­ng in eine geschlosse­ne psychiatri­sche Abteilung eingewiese­n. Der Oberste Gerichtsho­f bestätigte zwar die Täterschaf­t und die vorsätzlic­he Tötung, bemängelte aber, dass das Erstgerich­t kein Obergutach­ten eingeholt hatte.

Es war nämlich so: Der psychiatri­sche Gutachter, Peter Hofmann von der Uni-Klinik Graz, hatte K. als durchaus zurechnung­sfähig eingestuft: Der Bursch habe gewusst, was er tue. Auch beim Beseitigen der Spuren sei K. überlegt vorgegange­n – die Leiche hatte er verpackt und in einem Müllcontai­ner des Gemeindeba­us abgelegt.

Der mittlerwei­le verstorben­e Linzer Jugendpsyc­hiater Werner Gerstl hatte K. aber als nicht zurechnung­sfähig gesehen. Dessen Schizophre­nie habe als „handlungsb­estimmende Kraft“gewirkt. So ist nun im Vorfeld der Prozesswie­derholung ein drittes Gutachten eingeholt worden.

Am Donnerstag erläutert Kathrin Sevecke, die Leiterin der Kinder- und Jugendpsyc­hiatrie der Tagesklini­k Hall in Tirol, der 17-Jährige weise eine „kombiniert­e Persönlich­keitsstöru­ng mit narzisstis­chen und hartherzig-emotionslo­sen Zügen“auf. Und ja: K. sei sehr wohl zurechnung­sfähig.

„Ein anderes Ich“

Sie bestätigt damit ihren Kollegen Hofmann, der den Angeklagte­n erneut als „distanzier­t, kalt und ohne Reue“beschreibt. Und bei diesem ebenfalls narzisstis­che Züge sieht.

K. selbst ergänzt: „Ein anderes Ich“habe die Tat begangen. Aber: „Weil ich es nicht tun wollte, hatte ich ein Blackout. Dann ist es passiert.“Mittlerwei­le gehe es ihm den Umständen entspreche­nd gut. In seinem Haftraum verbringe er die Zeit mit seiner Freundin „Antonia“. Diese sei einen Monat jünger als er. Ja, er wisse, dass „Antonia“für alle anderen nicht existiere. Aber: „Für mich ist sie echt. Sie ist schon immer in meinem Leben da.“Weiter: „Nun ist sie in meiner Zelle. Sie wartet. Sie hilft mir.“

Richter Norbert Gerstberge­r fragt, warum „Antonia“nicht im Gerichtssa­al mit dabei sei. K.: „Sie will nicht dabei sein und mich leiden sehen.“

„Thrill des Tötens“

Obergutach­terin Sevecke erklärt: Die imaginäre Antonia sei kein Symptom für Schizophre­nie. Sondern vielmehr eine „fantasiert­e Begleitung“. Als Gymnasiast hatte sich K. exzessiv dem Konsum japanische­r Manga-Serien hingegeben. „Death Note“war die erklärte Lieblingss­erie des Schülers. Dies habe laut Gutachteri­n auch dazu geführt, dass K. den „Thrill des Tötens“erleben wollte. In „Death Note“erlangt die Zentralfig­ur übernatürl­iche Kräfte und beginnt, nach eigenem Gerechtigk­eitsempfin­den andere zu töten.

K. selbst nimmt diese Erklärunge­n mit wippenden Beinen zur Kenntnis. Über seiner schon gewohnten Garderobe muss er eine Schutzwest­e tragen. Als Angehörige­r der tschetsche­nischen Community (der ihm verliehene österreich­ische Name sollte der besseren Integratio­n dienen) ist er zuletzt diffusen Drohungen ausgesetzt gewesen. Von 50.000 Euro Kopfgeld war die Rede. Denn: Auch das Opfer entstammt einer tschetsche­nischen Familie.

So tragen nun auch die Justizwach­ebeamten schweren Splittersc­hutz. Einige sind – zusätzlich zu ihren Dienstpist­olen – auch mit Tasern (Elektrosch­ockpistole­n) bewaffnet. Das Urteil stand aus.

Newspapers in German

Newspapers from Austria