Noch findet jeder seinen Platz
Das Immobiliensegment hat zuletzt einen bemerkenswerten Boom erlebt. Neue und alteingesessene Anbieter werben mit unterschiedlichen Strategien um Kunden.
Einigkeit herrscht über die Notwendigkeit der Kundennähe. Die Zugänge sind jedoch verschieden. Ferdinand Dietrich, CCO von Storebox: „Wir verfolgen das Prinzip der kurzen Wege, bieten inmitten von Wohngegenden einen Kellerersatz und haben allein in Wien mittlerweile 45 Standorte, verteilt auf fast alle Bezirke.“Dafür werden vorwiegend leer stehende Geschäftslokale angemietet und adaptiert. Die Größe der Lagerabteile ist daher limitiert, beträgt zwischen einem und fünfzehn Quadratmetern. Nutzer seien einerseits Privatpersonen, die saisonale Gerätschaften oder nicht benötigte, aber wertvolle persönliche Gegenstände nahe ihrem Wohnort untergebracht wissen wollen, andererseits Unternehmen, die Arbeitsmaterial strategisch in der Stadt verteilen, um nicht für jeden Einsatz die Zentrale anfahren zu müssen. Mehr Stauraum stellen hingegen Anbieter wie Mein Depot zur Verfügung, die – meist abseits der Wohnviertel – Container aufgestellt haben. Angesprochen werden damit Kunden, die viel Platz benötigen, weite Anfahrten in Kauf nehmen, dafür aber kostengünstig einlagern wollen. Auf eigens errichtete Lagerhallen mit großzügigen Logistikflächen setzt wiederum MyPlace, die unangefochtene Nummer eins der Selfstorage-Anbieter in Österreich. „Für uns sind Platz zum Anliefern oder Aufzüge ein Qualitätsmerkmal“, sagt Geschäftsführer Martin Gerhardus.
Unbestritten ist, dass ohne Digitalisierung auch in dieser Branche künftig kaum mehr etwas laufen wird. Die Möglichkeit zur Online-Buchung direkt über die Website des Anbieters gehört daher schon jetzt zum Standard genauso wie diverse digitale Sicherheitsmaßnahmen, zum Beispiel Zutrittskontrollen vor Ort.
Es sind die spezifischen Zusatzfeatures, mit denen man um die Kunden buhlt. So kann man bei Storebox die Lagerräume im Internet anschauen, bevor man bucht. „Unsere 360-Grad-Videokameras ermöglichen eine Remote-Besichtigung, sodass man einen Eindruck davon bekommt, ohne extra zum Lager fahren zu müssen“, erläutert Dietrich. Beim Anbieter Store Room, der unter anderem eine Logistikhalle in Brunn am Gebirge in ein Selfstorage-Zentrum verwandelt hat, nutzt man die Allgegenwart des Handys: „Wir haben bereits erlebt, dass der Zutritt mittels Smartphones für unsere Kunden kaufentscheidend war“, sagt Geschäftsführer Martin Kopf. Martin Gerhardus von MyPlace will sich darauf jedoch nicht vollständig einlassen: „Auch wir bieten umfassende digitale Services an, doch nur etwa ein Viertel unserer Kunden bucht online. Das Lagern von Gegenständen ist letztlich etwas Physisches, und da will der Kunde den Kontakt vor Ort – zumal sich viele Mieter in einer Übergangsphase befinden, was ihre Lebenssituation betrifft, und dankbar sind für ein offenes Ohr.“
Diesem Umstand tragen auch viele Fürsprecher der Digitalisierung Rechnung. Storebox macht sich dazu als einziger österreichischer Anbieter ein Franchise-System zunutze. Dietrich: „Damit stellen wir sicher, dass immer jemand, dem das Funktionieren des jeweiligen Lagers ein Anliegen ist, als persönlicher Ansprechpartner – und als Verantwortlicher für das Facility-Management – fungiert.“
Dass die Branche in Zeiten des Klimawandels auch am Thema Ökologie nicht vorbeikann, zeigt sich an den verstärkten Anstrengungen aller großen Player.
Martin Kopf von Store Room ist stolz, mithilfe einer Fotovoltaikanlage den gesamten für das Lagerzentrum in Brunn am Gebirge benötigten Strom selbst und aus umweltfreundlichen Quellen produzieren zu können. „Als erstes Selfstorage Österreichs sind wir komplett CO -neutral. Temporär überschüssige Energie fließt in den angrenzenden Business-Campus K21“, betont der Unternehmer. MyPlace-Chef Martin Gerhardus will da nicht zurückstehen: „Wir haben heuer bereits unseren 50. Standort eröffnet und tun uns natürlich schwerer als kleinere Anbieter, möglichst keinen CO -Abdruck zu hinterlassen. Wir beziehen aber beispielsweise die Energie für das Lager in Graz und für einige Standorte in Wien über Solarpaneele und nutzen auch Erdwärme.“
In einem Punkt sind sich die Anbieter einig: In naher Zukunft besteht in Österreich nicht die Gefahr einer Übersättigung des Markts. Zwar steige das Angebot ständig durch neue, vorwiegend kleinere Player, doch gleichzeitig wächst die Nachfrage. Gerhardus: „Der Markt strukturiert sich, vorerst findet aber jeder aufgrund der unterschiedlichen Schwerpunktsetzungen seinen Platz.“