Huawei: In die Zukunft ohne Google
Smartphone. Der US-Bann hat den chinesischen Tech-Konzern Huawei kalt erwischt. Neun Monate später hat sich das Unternehmen völlig neu aufgestellt. Sehr zum Leidwesen von Google.
In der Öffentlichkeit war Huawei die darauffolgenden Wochen und Monate um Schadensbegrenzung bemüht. „Wir mussten zuerst herausfinden, was der Bann konkret bedeutet“, erklärt Fred Wangfei, Country-Manager Österreich, im Gespräch mit der „Presse“.
Darauf, dass die USA den Handelsbann aufheben, wolle man sich nicht verlassen. Darum habe man sich entschieden, selbst eine Betriebssystem-Alternative zu entwickeln. In den letzten Monaten habe man mehr als eine Million Entwickler beschäftigt. Diese arbeiten seitdem im Schichtbetrieb.
„Das Betriebssystem basiert auf der Android Open Software Plattform, wie auch bei Google“, erklärt Wangfei. Für die Nutzer soll sich auf den ersten Blick nicht viel ändern. Auch wenn sie auf die typischen Google-Dienste wie YouTube, Gmail oder den Play Store verzichten müssen. „Mit dem Kartenspezialisten TomTom haben wir eine gute Alternative zu Google
Maps gefunden“, führt er aus. Die Play-Store-Alternative, der virtuelle Marktplatz zur Installation für Smartphone-Anwendungen, wächst täglich. Die Huawei App Gallery soll jenen von Apple und Google in nichts nachstehen. Und selbst Facebook, WhatsApp und Instagram sollen trotz des Banns bald zur Verfügung stehen.
Das Budget für die Forschungsund Entwicklungsabteilung wurde schon 2019 von 15,1 auf 17,4 Mrd. US-Dollar erhöht. Für heuer soll es nochmals aufgestockt werden. Drei Milliarden US-Dollar sind dafür exklusiv für den Ausbau der App Gallery vorgesehen.
Die Investments zeigen bereits erste Erfolge, aber Huawei hat noch einen weiten Weg vor sich. 2000 Apps sind derzeit im AppStore verfügbar, 2600 weitere sollen in Kürze folgen. Bis Ende März soll der Huawei App-Store mehr als 7000 Anwendungen zählen. Zum Vergleich: Bei Google sind aktuell mehr als 2,5 Millionen Apps verfügbar. Beim Apple AppStore sind es knapp zwei Millionen. „Im Gegensatz zu anderen Anbietern achten wir sehr genau darauf, dass bei uns keine Apps mit Schadsoftware oder Kopien im Store landen“, erklärt Wengfei. Entscheidend für den Erfolg ist, dass die Entwickler dem Aufruf Huaweis folgen. Hierfür haben sich die Chinesen nun entschieden, Schnittstellen anzubieten, die eng an jene von Google angelehnt sind. Ein weiterer Anreiz ist, dass Huawei im Schnitt nur 15 statt der sonst üblichen 30 Prozent Umsatzbeteiligung verlangt.
Google verliert einen wichtigen Lizenznehmer und bekommt durch Trumps Entscheidung einen Konkurrenten, der mit einem Jahresumsatz von 123 Mrd. US-Dollar 2019 in der Lage ist, anfängliche Startschwierigkeiten zu kompensieren. Trotz des US-Banns und der damit aufgekommenen Unsicherheit bezüglich Verfügbarkeit und Sicherheits-Updates verkaufte Huawei 2019 weltweit mehr als 240 Millionen Smartphones. Das ist ein Plus von 14 Prozent.