Ikea: Österreicher sollen Billy mieten statt kaufen
Wohnen. Der neue Ikea-Geschäftsführer stellt seine Pläne für Österreich vor. Im Fokus liegt dabei ein Abo-System für Möbel.
Ikea sieht seine Zukunft nicht im Internet. Aber auch der Ausbau des stationären Verkaufs ist für das schwedische Möbelhaus hierzulande keine Priorität. Vielmehr will der neue Ikea Österreich-Geschäftsführer Alpaslan Deliloglu den Österreichern einen gänzlich neuen Umgang mit ihren Möbeln schmackhaft machen: Sie sollen diese nämlich nur noch auf eine gewisse Zeit hin mieten.
Deliloglu war zuletzt für Ikea in der Schweiz tätig und will nun das Ressourcenbewusstsein der Österreicher umkrempeln, wie er am Donnerstag bekannt gab. Ganz oben auf seiner Agenda: das Modell „Zweites Leben“ausweiten. Für gebrauchte, aber intakte IkeaMöbel bekommen Kunden seit Sommer 2018 bis zu dreißig Prozent des Kaufpreises erstattet. Die Möbel werden dann anderen Kunden in der sogenannten Fundgrube zu diesem Preis angeboten. Eine Idee wäre laut Deliloglu auch, in Zukunft leicht beschädigte Möbel zurückzunehmen und für den Wiederverkauf zu restaurieren.
Aber auch eine andere Quelle für die Fundgrube schwebt dem Ikea-Geschäftsführer vor: die Mietoption, wie es sie seit Kurzem in der Schweiz gibt. Möbel – etwa für Partys – lassen sich hierzulande schon längst mieten. Vermieter sind hierbei aber nicht Möbelhäuser, sondern Eventausstatter. In der Schweiz hat Ikea unter Deliloglus Beteiligung damit begonnen, ebenfalls Möbel zu vermieten – vorerst für Unternehmen.
Hierbei gibt es Gesamtpakete mit Büromöbeln für Arbeitsplatz oder Konferenzzimmer. Je länger die Mietdauer, desto günstiger wird die monatliche Rate. Allerdings ist die Miete im Vergleich zum sofortigen Kauf relativ teuer. So kostet das billigste Arbeitsplatzpaket samt Tisch, Sessel, Lampen und Schrank im Verkauf 950 Franken (rund 860 Euro). Der Mietpreis dafür beträgt im ersten Jahr 70 Franken monatlich, also 840 Franken jährlich. Deliloglu lässt sich davon jedoch nicht beirren. Er geht davon aus, dass die Mietoption langfristig ein Erfolgsmodell werden wird.
Ab Ende 2021 will Ikea mit seiner „Subscription Economy“, also Abo-Wirtschaft, weltweit vertreten sein. „In Österreich hoffentlich früher“, so Deliloglu. Es sei ein wichtiger Schritt in Richtung Nachhaltigkeit, weniger neue Möbel zu produzieren und stattdessen bereits existierende wiederzuverwenden. Das vermietete Mobiliar, das wieder zu Ikea zurückkommt und noch in Ordnung ist, findet dann seinen Platz in der Fundgrube. Der Konzern kann dadurch zuerst die Miete und dann immer noch einen Teil des Originalpreises für den Verkauf kassieren. Das Abo-Angebot soll Studenten ansprechen, die sich Abwechslung im Mobiliar wünschen, Eltern, die das Zimmer eines wachsenden Kindes einrichten müssen, und Menschen, die oft umziehen.
Umweltschützer kritisieren Ikea immer wieder für die billige Massenware. Ob sich die Situation durch das Mietmodell ändert, ist unklar. Im Normalfall sind IkeaMöbel aus Spanplatten nicht stabil genug, um sie mehrmals auseinander- und zusammenzubauen zu können. Zudem wird der hohe Kunststoffanteil in den Möbeln oft angekreidet, da der Großteil nicht wiederverwertbar ist. In Zukunft will Ikea Kunststoffe verwenden, die zerteilt und neu verarbeitet werden können: „Plastik an sich ist nicht der Feind, sondern nicht recyclefähiges Plastik“, so Deliloglu.
„Wir wollen Marktführer in Österreich werden“, sagt Deliloglu. Derzeit hält diese Position der Konkurrent XXX Lutz. „Wettbewerb ist aber sehr wichtig für uns. Aus dem Vergleich zu anderen Anbietern lernt man.“So könne er auch nicht ausschließen, ein eigenständiges Ikea-Restaurant (ohne Möbelverkauf ) zu eröffnen, wie es XXX Lutz auf der Wiener Mariahilfer Straße bereits getan hat. Die Österreicher essen auch scheinbar fast so gern Köttbullar, wie sie online einkaufen: Zehn Prozent des Umsatzes kommen aus dem Internet, sieben Prozent aus den Restaurants in
Ikea-Häusern. „Der Onlinehandel hat sich bei uns nicht so stark entwickelt wie angenommen“, sagt Deliloglu. Für ihn ist diese Tatsache ganz klar auf den Wunsch des Kunden zurückzuführen, Dinge anzugreifen und zu spüren. „Die jungen Kunden gehen durch das Geschäft, fotografieren, was ihnen gefällt, und bestellen es danach am Schalter oder online“, ergänzt Ikea-Pressesprecherin Barbara Riedl.
Der stationäre Handel ist für Ikea also nicht wegzudenken. Im Gegenteil: Der Grund für das neue Möbelhaus beim Westbahnhof ist 3800 Quadratmeter groß. Sieben Stöcke werden sich darauf türmen.