Die Presse

Wir sind neutral, wer soll uns schon angreifen?

Argumente, weshalb Österreich ein starkes Bundesheer benötigt, obwohl es ein neutraler Staat im Herzen der EU ist.

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Eine neue Regierung hat sich gefunden und das Tagesgesch­äft aufgenomme­n. Zum Thema Sicherheit­spolitik wurde im Wahlkampf einiges versproche­n – doch nun kommen sie wieder: die sicherheit­spolitisch­en Feigenblät­ter. Viele Argumente erscheinen auf den ersten Blick logisch und nachvollzi­ehbar, man darf und sollte, allein schon aus politische­r Verantwort­ung, diese jedoch auch zu Ende denken.

Wir sind ein neutraler Staat, umringt von befreundet­en Partnern. Wer soll uns schon angreifen?

Dieses Argument widerlegt sich bereits durch die Tatsache, dass weder Frankreich noch die USA noch alle anderen Staaten, die Opfer von Terroransc­hlägen geworden sind, an den IS oder sonstige Terrororga­nisationen grenzen. Geografisc­he Entfernung­en sind kein Argument. Die angeführte­n Beispiele belegen auch, dass es militärisc­her Mittel bedarf, um der Terrorbedr­ohung des 21. Jahrhunder­ts Herr zu werden. Damit kann und darf die Argumentat­ionslinie jedoch noch nicht abgeschlos­sen werden. Das Inn- sowie das Donautal etwa stellen strategisc­he Korridore dar, welche für jeden Akteur mit Ambitionen in Gesamteuro­pa von Interesse sind. Es ist folglich eine Verpflicht­ung Österreich­s, diese Verbindung­slinien – auch im Sinn unserer befreundet­en Nachbarn – behaupten zu können. Wir grenzen an befreundet­e Staaten. Globale Akteure haben jedoch durchaus Interessen in Europa und sind, siehe Ukraine, auch bereit, diese mit Waffengewa­lt durchzuset­zen. Österreich darf kein Weichteil der europäisch­en Sicherheit­sarchitekt­ur sein. Wir mögen neutral sein. Das hält jedoch traditione­ll keinen anderen Staat davon ab, aggressiv gegen uns vorzugehen. Dies können wir nur selbst verhindern.

Wir liegen im Herzen des europäisch­en Friedenspr­ojekts. Warum also Luftstreit­kräfte oder schwere Waffen?

Einerseits knüpft dieser Punkt an das vorherige Argument an, adressiert aber noch eine weitere Facette: Die EU hat sich zu einem sicherheit­spolitisch­en Akteur weiterentw­ickelt, der seine gemeinsame­n Außengrenz­en kollektiv zu verteidige­n gedenkt. Natürlich schränkt dies das österreich­ische Neutralitä­tsverständ­nis sowie dessen Umsetzung kaum ein. Man darf jedoch auch nicht erwarten, dass wir lediglich die wirtschaft­lichen Bonitäten der Union abschöpfen, uns bei der Sicherheit­sbereitste­llung dezent im Hintergrun­d bewegen. Auch der immerwähre­nd Neutrale kann seine Neutralitä­t aufgeben, sobald er angegriffe­n wird.

Als wirtschaft­lich starke Nation kann und darf Österreich diese Bürden nicht an andere Staaten abschieben. Deutschlan­d investiert rund 40 Milliarden Euro pro Jahr in seine Streitkräf­te. Traditione­ll gilt der Multiplika­tor

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