Nicht gefährlicher als der Rest der Bevölkerung
„Wenn psychisch Kranke töten“von Christine Imlinger, 7. 2.
Ich bin immer noch erschüttert über die Ermordung einer Frau auf offener Straße in Graz. Es muss alles getan werden, um solche
Fälle bestmöglich zu verhindern. Absolute Sicherheit kann freilich in keiner Gesellschaft erreicht werden. In diesem Artikel wird jedoch der Eindruck erweckt, dass psychisch erkrankte Menschen eine besondere Gefahr für andere darstellen würden und dass sie wegen gesetzlicher Mängel nicht ausreichend zwangsweise behandelt werden könnten. Beides ist ein Irrtum: Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen eindeutig, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen nur in geringem Ausmaß zur Gewaltstatistik beitragen.
Sie sind nicht gefährlicher als der Rest der Bevölkerung. Die Chance auf gewalttätiges Verhalten erhöht sich (bei gesunden und erkrankten Menschen) durch Faktoren wie Geschlecht, Alter, Substanzmissbrauch, Sozialisation usw.
Das Unterbringungsgesetz regelt, in welchen Fällen psychisch erkrankte Menschen in einem Krankenhaus zwangsweise angehalten und behandelt werden. Schon jetzt werden sie sozusagen „auf Verdacht“auf einer Psychiatrie angehalten, wenn eine Fachärztin/ein Facharzt jemanden für gefährlich hält – da muss im Vorfeld noch gar nichts passiert sein.
Diese Prognose ist extrem schwierig, da passieren auch Fehleinschätzungen. Mitunter, weil den Ärzten die nötige Zeit nicht zur Verfügung steht. Hier müsste man ansetzen, um Fehleinschätzungen und damit gefährliche Situationen, aber auch ungerechtfertigten Freiheitsentzug (!) zu vermeiden: mehr Ressourcen auf der stationären Psychiatrie und im Betreuungsangebot vor Ort.