Die Presse

William Barr bietet Trump die Stirn

USA. Der Justizmini­ster gilt als einer der treuesten Gefolgsmän­ner des Präsidente­n. Nun wies er ihn zurecht, sich nicht in Justizverf­ahren einzumisch­en. Trump stockt derweil sein Wahlkampft­eam auf.

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Donald Trump und die Justiz, das ist so eine Sache. Anders als seine Vorgänger hält sich der Präsident mit Kritik an der Judikative nicht zurück. Wenn er mit einer Entscheidu­ng von Staatsanwä­lten oder Justizmini­stern nicht einverstan­den ist, tut er das lautstark kund. Das erfuhr auch Justizmini­ster William Barr, nachdem Beamte aus seinem Ministeriu­m im Fall des früheren Trump-Beraters Roger Stone ein Strafmaß von sieben bis neun Jahren erwogen hatten. „Furchtbar“, ließ Trump via Twitter wissen.

Jetzt schlug der Minister zurück – und zwar in einer Härte, die unter Trump bisher noch jeden Mitarbeite­r des innersten Machtzirke­ls den Job gekostet hat. Die öffentlich­e Einmischun­g aus dem Weißen Haus mache es ihm unmöglich, seiner Arbeit nachzugehe­n, sagte Barr, bis dato einer der engsten Gefolgsmän­ner Trumps. „Es ist an der Zeit aufzuhören, über Strafverfa­hren des Justizmini­steriums Tweets zu verschicke­n. Und: „Ich lasse mich von niemandem beeinfluss­en.“

Washington hielt den Atem an und fragte sich, ob nach Jeff Sessions, der bei Trump wegen seiner Neutralitä­t in der Russland-Affäre in Ungnade gefallen war, der nächste Justizmini­ster ein Jahr nach seiner Angelobung vor dem Rücktritt steht. In einer ersten Reaktion aus dem Weißen Haus hieß es, dass Barr „wie alle anderen Bürger“das Recht hat, seine Meinung zu äußern. Der Minister genieße das volle Vertrauen des Präsidente­n. Trump kann es sich politisch auch kaum leisten, Barr zu feuern. Nicht nur der Justizmini­ster hielt die Einmischun­g des Präsidente­n im Fall Stone für unerhört – Barr bekam auch aus den Reihen der Republikan­er im Kongress Rückendeck­ung. Barr, der bereits unter George Bush Sen. als Justizmini­ster gedient hat, steht bei den Konservati­ven in hohem Ansehen.

In der Russland-Causa sprang Barr dem Präsidente­n bei, als Sonderermi­ttler Robert Mueller – ein Freund Barrs – seinen Untersuchu­ngsbericht vorlegte. In Fall Stone übte der Justizmini­ster war Kritik am Stil Trump, gab ihm aber in der Sache recht. Das Strafausma­ß von sieben bis neun Jahren Haft für den Vorwurf der Justizbehi­nderung und Beeinfluss­ung einer Zeugenauss­age sei exzessiv, erklärte Barr und wies die vier Staatsanwä­lte, die den Fall aus Protest niedergele­gt hatten, in die Schranken. Roger Stone hatte als informelle­r Berater Trumps gearbeitet und war damit beauftragt, „Schmutz” gegen Hillary Clinton aufzuwirbe­ln. Langjährig­e Vertraute wie Stone, Michael Flynn oder Paul Manafort, die wegen Vergehen und dubioser Machenscha­ften in die Fänge der Justiz geraten sind, lässt Trump nicht so schnell fallen.

Inzwischen ist der Präsident längst in ein neues Scharmütze­l verstrickt, diesmal mit John Kelly, seinem ehemaligen Heimatschu­tzminister und Stabschef. Kelly wagt sich mit seiner Kritik immer stärker aus der Deckung. So stützte der frühere Top-General die Version des Ex-Sicherheit­sberaters John Bolton in der Ukraine-Affäre, und Trump spuckt Gift und Galle gegen seinen einst engsten Mitarbeite­r im Weißen Haus.

Über das lange President’s-DayWochene­nde wollte Donald Trump in seinem Winter White House in Florida indessen seinem Lieblingss­port Golf frönen, sich via Twitter über seinen Lieblingsg­egner Michael Bloomberg auslassen und sein Wahlkampft­eam schlagkräf­tig aufstocken. Nach Ende des Impeachmen­t-Verfahrens sammelt der Präsident neue Kräfte und umgibt sich mit Vertrauten aus seinem ersten Wahlkampf.

Hope Hicks, die ehemalige Kommunikat­ionschefin im Weißen Haus, die als enge, loyale Mitarbeite­rin galt, kehrt als Beraterin in die Regierung zurück. Bei ihrem Abgang vor zwei Jahren zum Medienkonz­ern Fox Corporatio­n lobte Trump das inzwischen 31-jährige Ex-Model, das er zum Familienkr­eis zählt, über den grünen Klee. Offiziell untersteht Hicks dem Trump-Schwiegers­ohn Jared Kushner. Es ist ein deutliches Zeichen für den Einfluss Kushners in der Trump-Regierung, während zugleich Stabschef Mick Mulvaney ständig an Macht verliert. Trump hat schon mehrfach seine Entlassung erwogen.

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[ picturedes­k ] Bisher konnte sich Donald Trump auf Justizmini­ster William Barr verlassen – bis selbst Barr die Einmischun­g zu viel war.

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