Die Presse

Attacke unter Gürtellini­e

Frankreich. Emmanuel Macrons Bürgermeis­terkandida­t für Paris stolpert über ein Sex-Video.

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Emmanuel Macron muss für die kommenden Kommunalwa­hlen in Paris Mitte März einen neuen Bewerber für das Bürgermeis­teramt finden. Sein Favorit, Benjamin Griveaux, hat völlig überrasche­nd den Verzicht auf seine Kandidatur mitgeteilt. Er wolle damit sich und seine Familie vor unzulässig­en Angriffen auf sein Privatlebe­n schützen, erklärte Griveaux, der zu Beginn von Macrons Amtszeit Regierungs­sprecher gewesen war und dann von diesem Posten zurücktrat, um das Pariser Rathaus zu erobern.

Der Grund für Griveaux‘ Entschluss, seine Kampagne sofort einzustell­en und sich aus dem Wahlkampf zurückzuzi­ehen, sollen laut den französisc­hen Medien explizite Sex-Videos und intime Gespräche sein, die im Internet publiziert wurden. Geht es um Ehebruch? „Et alors?“Peinlich wäre allenfalls für Griveaux, dass er sich in seiner Kampagne gern als braver Familienva­ter präsentier­t hat. Er dementiert nicht, dass er auf diesen Videos mit „sexuellem Charakter“zu sehen sei. Aber er droht allen, die weiter pikante Videos verbreiten, mit Strafklage­n. Der in Paris lebende russische Protestkün­stler Pjotr Pawlenski behauptet in „Liberation“,´ er habe diese Videos in Umlauf gebracht, um Griveaux als „Heuchler“zu entlarven.

Was auf diesen Videos zu sehen ist, spielt nur eine zweitrangi­ge Rolle. Der springende Punkt ist der Angriff auf die Intimsphär­e eines Politikers. Schlammsch­lachten, wie sie aus der angelsächs­ischen Boulevardp­resse bekannt waren, gehörten sehr lang nicht zum französisc­hen Wahlkampfs­til. Doch die Sitten haben sich geändert, seit Nicolas Sarkozy nach seiner Scheidung seine Beziehung zu Carla Bruni inszeniert­e.

Griveaux, der als Favorit ins Rennen gegangen ist, hat sich ins Abseits befördert. Zuvor hatte er bereits Konkurrenz einer vom Mathematik­er Cedric´ Villani angeführte­n Liste, der sich ebenfalls auf Macron beruft.

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