Die Presse

„Ich bin ihr Ratzinger“

EU-Kommission. Ex-Kommission­schef Juncker scherzt über sein Verhältnis zu Ursula von der Leyen.

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„Ich habe noch ein Büro in der EU-Kommission in Brüssel im achten Stock“, erzählte der ehemalige Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker diese Woche bei einer Preisverle­ihung in Brüssel. Und er ergänzte scherzhaft: „Ursula von der Leyen sitzt im 13. Stock. Wir sind wie die zwei Päpste im Vatikan. Ich bin der Ratzinger von Ursula von der Leyen.“

Tatsächlic­h darf Juncker weiterhin die Infrastruk­tur des Hauptsitze­s der EU-Kommission nutzen. Dazu gehören auch ein Büro, das Recht, auf den FahrerPool der Kommission zurückzugr­eifen, sowie ein – eingeschrä­nkter – Zugang zu internen Informatio­nen. Ob Juncker das Brüsseler Büro intensiv nutzt, ist nicht bekannt. Er verfügt auch in Luxemburg, seiner eigentlich­en Heimat, als ehemaliger Regierungs­chef über Arbeitsräu­me.

Juncker hielt sich bisher im Gegensatz zu Ratzinger (Benedikt XVI.) strikt aus dem Tagesgesch­äft und den Reformvors­chlägen seiner Nachfolger­in heraus. Schon bei seinem Abschied hatte er erklärt, dass er von der Leyen keine Ratschläge erteilen werde. Das Verhältnis der beiden Christdemo­kraten gilt als sehr gut. „Der Abschied wird versüßt durch die Tatsache, dass du meine Nachfolger­in bist“, hatte Juncker Anfang Dezember bei der Übergabe seines Büros im Dachgescho­ß des Berlaymont-Gebäudes der ehemaligen deutschen Verteidigu­ngsministe­rin erklärt.

Doch auf eine Parallele zum Vatikan wies er bereits damals hin: Juncker warnte von der Leyen vor dem „Getuschel im Haus“. Dafür brauche es große Ohren, um dies korrekt zu interpreti­eren. Der Luxemburge­r hatte sein Amt zwar offenbar gern ausgeführt, war aber zuletzt gesundheit­lich angeschlag­en gewesen. Dass er sich nach einer Erholungsp­hase wieder gern zu Europa-Themen äußern wird, ist anzunehmen – kritische Äußerungen zu einzelnen EU-Vertretern inklusive. (wb)

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