Teufels Werkzeug auf der Wieden
Kunst. Wie der britische Galerist Nick Treadwell in Wien unter Rotlichtverdacht geriet.
Nick Treadwell nahm gerade einen späten Lunch ein, Avocado, Brot und Butter, „wie immer, und natürlich eine Tasse Tee“, als es läutete. Draußen vor seiner Galerie standen ein Mann und eine Frau. Treadwell erwartete eine Frage, „stattdessen kamen sie einfach herein“. Drinnen zeigten ihm die beiden ihre Dienstmarken und verlangten zu erfahren, welche Dienstleistungen er biete.
Er sei ziemlich erstaunt gewesen, erinnert sich der Brite, Betreiber einer Galerie in Wien Wieden, in der er auch wohnt. „Ich habe dann wohl einen Witz gemacht, ob sie mich jetzt zurück nach England schicken.“Erst als die beiden Polizisten erklärten, dass das Bezirksamt sie schicke, um herauszufinden, was er hier tue, fiel ihm ein, welche Kunstwerke gerade seine Auslagen schmückten: eine Lederskulptur und ein Werk von Matt Ensor namens „The Devil’s Tools“. „Da wurde mir klar, dass sie dachten, dass hier irgendeine perverse Art sexueller Aktivität vorgehen müsse, und das noch unangemeldet.“Die roten Wände des selbst stets in Pink gekleideten Galeristen hatten da wohl ein Übriges getan.
Früher, da sei ihm so etwas oft passiert – aber das war in London in den 1970ern. Damals lag seine Galerie in der Nähe der Polizeistation, immer wieder sorgte ein Bürger dafür, dass dieselben Polizisten, die gern ihre Mittagspause bei ihm verbrachten, dienstlich vorbeischauen mussten. Auch die Vice Squad, das Sittendezernat von Scotland Yard, kannte er gut. Dass er nun, in Wien, „mit 83 und verdammt harmlos“, noch einmal für Provokation sorge, amüsiert ihn sehr.
Seine Galerie, sagt Treadwell, zeige Kunst, „die sich mit dem Leben beschäftigt. Da kann man Sexualität nicht ausschließen.“Eines der Bilder, die damals in London Ärger erregten, zeigte übrigens einen Mann in gestreiftem Pyjama hüftabwärts, aus dem Boden ragten ihm zwei Frauenbeine entgegen, dazwischen bearbeitet der Mann den Asphalt mit einem Presslufthammer: Ein Kommentar des Künstlers auf „die Unsensibilität von Männern beim Liebemachen“. (tes)