Was hat sich Gott dabei gedacht?
Renaissancetheater. Ulrich Hubs „An der Arche um acht“ist nicht umsonst ein Renner, auch im Theater der Jugend. Yüksel Yolcu inszenierte amüsant, besonders erfreut die Optik.
Drei Pinguinen ist fad im ewigen Eis. Es passiert absolut nichts. Da saust eine Taube herbei, sie überbringt eine schreckliche Nachricht: Es droht eine Sintflut, zwei Pinguine bekommen Tickets für Noahs Boot, doch der dritte ist gerade verschwunden, weil er mit den anderen gestritten hat. Aber ist das ein Grund, ihn ertrinken zu lassen? Die Pinguine packen einen riesigen Koffer mit geheimnisvollem Inhalt, aber darf der auch auf das Schiff?
„An der Arche um acht“wird landauf, landab gespielt. In Wien war das Stück von Ulrich Hub zuletzt im Burg-Kasino zu sehen. Es ist eines der seltenen Juwele aus dem neueren Kindertheater. Hier werden mit Musik, humorvoll und doch nicht ohne Tiefgang für Sechsjährige existenzielle Fragen behandelt: Gibt es einen Gott? Wie schaut er aus? Warum schickt er eine Sintflut? Und wie weit geht Freundschaft?
Im Renaissancetheater hat Yüksel Yolcu inszeniert, der Regisseur arbeitete am innovativen Berliner Grips-Theater und brachte vergangene Saison im Theater der Jugend „Ronja Räubertochter“von Astrid Lindgren heraus. Kindertheater, speziell jenes für die Kleineren, leidet oft unter erhobenem Zeigefinger, Überdrehtheit und knalligen Effekten, die bei Jüngeren Angst verursachen.
Ganz ohne mimische Übertreibung kommt auch diese Aufführung nicht aus. Und einige Kinder fürchteten sich. Allerdings besteht dazu prima vista kein Anlass, nicht nur, weil alles gut ausgeht. Das Schönste ist die Optik. Christian Holemey (Licht), Schorsch Feierfeil (Videoanimation) und Ulv Jakobsen (Ausstattung) haben wahre Wunderwelten entworfen – mit der Simulation der Flut, dem großen und dem kleinen Boot. Man bangt, wenn es über wilde Wellen schaukelt.
Auf den glitschigen antarktischen Eisbrocken entfaltet sich heiterer Slapstick. Der Star des Abends ist die geschäftige und manchmal wichtigtuerische Taube (Jan Hutter) mit schräger Frisur und rotem Megafon: Sie muss Löwen und Antilopen voneinander fernhalten und den Partner der Ameise suchen. Außerdem vergisst sie immer etwas.
Die Pinguine (Frank Engelhardt, Alessa Kordeck und Stefan Rosenthal) erinnern daran, dass auch Ein-Satz-Dialoge klug sein können. Toni Slama von der Josefstadt leiht seine sonore Märchenerzählerstimme Noah. „An der Arche um acht“ist nur scheinbar eine lustig verpackte Petitesse über das Leben und die letzten Dinge.
Es geht hier auch ganz praktisch darum, den Alltag auszuhalten, selbst wenn sich nichts tut – wie (zum Glück) im Leben vieler unserer Kids. Und dann ist plötzlich was los, eine Reise oder schlimmer: Flucht oder Vertreibung. Und am Ende ist man ziemlich froh, wenn man wieder heimkehren kann, wiewohl das Environment der Pinguine sich verändert zu haben scheint: Aus den Eisbergen sind grüne Hügel geworden.