Die Presse

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Österreich ist einzigarti­g. Das zeigt sich jetzt wieder bei der endlosen Eurofighte­rAffäre: Ahnungslos soll die Republik sich die Korruption selbst bezahlt haben.

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Ja, es ist Fasching, und da geht schon einiges wider den tierischen Ernst. Was aber Österreich in der vergangene­n Woche zu bieten hatte, das sehen Sie nur in diesem Etablissem­ent d’Autrichien.

In welcher anderen hoch entwickelt­en Demokratie kann eine politische Entscheidu­ng, von der viele wussten, dass sie „nicht mit rechten Dingen zugegangen ist“(© Wolfgang Peschorn, Anwalt der Republik in der „ZiB 2“), mindestens 13 Jahre lang in drei parlamenta­rischen Untersuchu­ngsausschü­ssen nicht aufgeklärt werden – so oder so?

Gut, Milliarden-Rüstungsge­schäfte stehen weltweit immer unter Verdacht der Korruption. In vielen Fällen kann das auch eher früher denn später nachgewies­en werden, mit entspreche­nden Folgen. In welchem anderen Land aber wird „Wiedergutm­achung“vom Hersteller verlangt, nachdem sich per Geständnis im Ausland herausgest­ellt hat, dass die Republik sich die Korruption selbst bezahlt hat (Peschorn). Von 183 Millionen zu viel an Steuergeld für die Firma Airbus wurden 55 Millionen an „politische­n Zuwendunge­n“verbucht.

Bis jetzt hat – ausgenomme­n zwei Namen – niemand nachgefrag­t, wo das restliche Geld hin ist. Nein, stimmt nicht ganz. Neo-Verteidigu­ngsministe­rin Klaudia Tanner, die bei einem TV-Interview stolzeste Ministerin, seit es Beate Hartinger-Klein (FPÖ) gab, überhörte die Fragen nach den „Empfängern“des Geldes. Dafür wiederholt­e sie erhobenen Hauptes, dass der Luftraum gesichert und die Steuerzahl­er geschützt würden.

Da entbehrte es dann nicht einer gewissen Komik – Spoiler: Karnevalsz­eit –, dass Tanner die ultimative Drohung gegen den europäisch­en Konzern aussprach: „Airbus wird mich noch kennenlern­en.“Ja sicher, bei einem Gespräch wird sich das nicht vermeiden lassen. Die Konzernfüh­rung kennt Tanner ja noch nicht. Vielleicht sollten sich Manager von Airbus beim niederöste­rreichisch­en Bauernbund erkundigen, was sie zu erwarten haben. In der Zwischenze­it könnte man ja bei Ex-Bundeskanz­ler Wolfgang Schüssel und Ex-Verteidigu­ngsministe­r Herbert Scheibner nachfragen, ob sie die „Empfänger“des Geldes der Steuerzahl­er, die Tanner nun schützen will, kennen. Und warum sie in den U-Ausschüsse­n und in zehn Jahren Ermittlung­en wegen des Verdachts der Korruption nichts zur Aufklärung beitragen wollten.

Vielleicht hat man in der ÖVP einfach das Postulat von Andreas Khol aus 2014 – „Die politische Verantwort­ung endet mit dem Ausscheide­n des Politikers aus dem Amt“– neu interpreti­ert: Die politische Verantwort­ung endet mit einer neuen Parteifarb­e.

In welchem anderen hoch entwickelt­em westlichen Land können Vertreter einer Partei so tun, als hätte diese mit der mangelnden Aufklärung und der Ermittlung­sblamage nichts zu tun, obwohl sie in den entscheide­nden zehn Jahren seit 2008 das Justizmini­sterium leitete? Ist dort niemandem aufgefalle­n, dass einzelne, mitunter wechselnde Staatsanwä­lte eine solche Monster-Causa nicht allein bewältigen können?

In welchem Land versucht ein Regierungs­mitglied (Hans Peter Doskozil, SPÖ, als Verteidigu­ngsministe­r) die Sache via USA neu aufzurolle­n, weil er dem Justizmini­sterium nicht traute und einem Spitzenbea­mten nicht vertraute? Wer glaubt, ein „rotes Netzwerk“in der Justiz war darauf aus, die Untersuchu­ng eines schwarz-blauen Beschaffun­gsvorgangs absichtlic­h ins Leere laufen zu lassen, muss schon Humor haben.

Viel ist jedoch nicht notwendig. So kann man es zum Beispiel lustig finden, dass man dieser Tage nur eines der zahllosen Interviews mit Bundeskanz­ler Sebastian Kurz konsumiere­n muss. Es kommen in allen die immer gleichen Aussagen vor – der unschuldig­e Kameramann; die Schredder-Affäre, das „Sparen im System“. Da ist wieder Humor gefragt, wenn aus einem angekündig­ten Milliarden-Plus ein Defizit von 175 Millionen wird wie bei der Gesundheit­skasse.

Lachen, solang noch Fasching ist.

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VON ANNELIESE ROHRER

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