Moralkonzepte hinterfragen
sive Modelle von Sprache, Kultur und Theory of Mind heran und hinterfragt hegemoniale westliche Moralkonzepte: „Versuchsdesigns sind immer kulturell gewachsen und dementsprechend eurozentrisch und zum Beispiel nicht feministisch. Es hat aber Sinn, nicht den voll entwickelten, erwachsenen, weißen, europäischen Mann als Gradmesser zu nehmen, sondern auch nicht europäische Gesellschaften, Kinder und eben Tiere zu berücksichtigten.“
Für ethische Fragestellungen sinnvoller seien graduelle und nicht prinzipielle Unterscheidungen, so Benz-Schwarzburg. Als soziale Weitergabe von Traditionen in einer Gemeinschaft definiert finde man Kultur dann auch bei vielen Tierarten. Dasselbe gilt für Sprache, wenn diese nicht auf ein Grammatikverständnis eingeengt wird. Und bei der Theory of Mind habe sich schon im Fall von Kleinkindern gezeigt, dass eine sprachfixierte Definition unzulänglich ist.
Darüber hinaus plädiert die Tierethikerin in Anlehnung an die US-amerikanische Psychologin Carol Gilligan und deren Care-Ethik dafür, dass soziale Fertigkeiten wie Kooperation, Empathie und Kümmern als Charakteristikum für Moralfähigkeit zu berücksichtigen seien. Das ist für jene Kontexte interessant, in denen Tiere so gehalten werden, dass sie diese sozialen Fähigkeiten nicht ausleben können – etwa bei der Trennung des Kalbs von der Mutterkuh in der Milchtierhaltung oder in wissenschaftlichen Versuchen, in denen etwa durch gezielte Medikamentengabe versucht wird, das Empathieverhalten von Tieren auszuschalten. „Mit meiner Argumentation möchte ich zeigen, dass die Beziehung zwischen Mensch und Tier ethisch nicht so unkompliziert ist wie bislang angenommen. Tiere sind komplexe soziale Lebewesen, und das sollte etwas zählen.“