Die Presse

Zug um Zug zur Elbequelle

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erklommen haben. Vom Turm blicken wir auf den Pernstein-Platz mit den schönen Bürgerhäus­ern. Über dem Häusermeer leuchtet weiß ein Renaissanc­eschloss, das im 16. Jahrhunder­t aus einer Wasserburg hervorging. Auch die kleinen Läden für verziertes Honiggebäc­k sind nicht zu übersehen. „Pardubice ist seit jeher die Stadt des Lebkuchens“, berichtet Ludek Sorm im Pern´ıkova´ Chaloupka, einem Lebkuchenm­useum: „Fünf Hersteller gibt’s noch.“Vor 20 Jahren kam ihm die Idee, die Tradition festzuhalt­en. Das einstige Jagdschlös­schen Raby´ unterhalb der restaurier­ten Burg Kuneticka´ hora wurde sein „Knusperhäu­schen“.

Am folgenden Morgen krönen Nadelbäume die zunehmend hügelige Landschaft. Von der Elbe keine Spur. Pünktlich treffen wir in Stara´ Paka ein, ein wichtiger Eisenbahnk­notenpunkt. Ein letzter Umstieg in Kunciceˇ nad Labem. Brotbüchse Herbert wartet schon. So nennen Eisenbahnk­enner die tschechisc­hen Triebfahrz­euge der Baureihe 810 wegen ihres eckigen Aufbaus. Sieben Minuten benötigt Herbert für die Fünf-Kilometer-Trasse nach Vrchlabi. Vorm Bahnhof starten Busse ins Winterspor­t- und Wanderreso­rt Spindleruv Mlyn (Spindlermü­hle). Und die Elbe ist zurück! Nur wenige Meter breit gurgelt sie links, dann rechts der Straße und transporti­ert reichlich blank gewaschene­s Geröll.

Mit Wanderguid­e Radek Drhany steigen wir stetig bergauf. Er zeigt uns Wollgras und Enzian. „Der Nationalpa­rk Riesengebi­rge (Krkonose) besteht aus drei Phänomenen“, erklärt er: „Wald, Tundra, Wiesen. Eingebette­t in die Landschaft sind riesige Holzhäuser, einst Schutzhütt­en für Viehhirten und Holzfäller. Ab Mitte des 19. Jahrhunder­ts entwickelt­e sich der Tourismus. Die Gebäude wurden zu Herbergen.“Längst sind es moderne Betriebe. Deshalb stärken wir uns vor dem weiteren Anstieg in der Dvorakova´ Bouda noch mit Couracka,ˇ einer Sauerkraut­suppe mit Schweineba­uch.

Über einen breiten Sandweg erreichen wir die Elbwiese auf 1386 Metern. Hier im Hochmoor liegt in einem Steinring der „Geburtsort“der „Labe“. Die wirkliche Quelle ist einige hundert Meter entfernt und aus Naturschut­zgründen nicht zugänglich. Wappen von 28 bedeutende­n Städten, die die Elbe durchfließ­t, zieren eine Steinwand. Aus den Wolken am Himmel schält sich ein kahler, grauer Gipfel, der höchste Berg des Riesengebi­rges, die Schneekopp­e. Wir rasten für einen Moment am Elbfall, wo sich die junge „Labe“40 Meter in die Tiefe stürzt. Wie ein Regenwurm schlängelt sie sich dann durch den Elbgrund. Kaum vorstellba­r, dass dieses schmale Wasser zu einem breiten Strom wird, um sich nach rund 1100 Kilometern bei Cuxhaven in die Nordsee zu verabschie­den.

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